Konferenz für internationale Entwicklungsfinanzierung: Staaten einigen sich auf müden Kompromiss

Zeitungsartikel über die AG Globale Verantwortung

„Schon zwei Wochen vor Beginn der vierten internationalen Entwicklungsfinanzierungskonferenz im spanischen Sevilla kennen wir deren Ergebnis. Zwar ist es positiv, dass sich die internationale Staatengemeinschaft auf ein Abschlussdokument einigen konnte. Allerdings verwässerten die Verhandler*innen viele engagierte Ansätze. Der Compromiso de Sevilla enthält vor allem unverbindliche Empfehlungen statt tiefgreifender Reformen für eine gerechte, inklusive und kohärente Wirtschafts- und Finanzarchitektur. Und auch dieser Kompromiss war nur möglich, weil sich die USA im letzten Augenblick zurückzogen“, analysiert Martina Neuwirth, Steuer- und Wirtschaftsexpertin des VIDC, die als Mitglied der österreichischen Delegation und zivilgesellschaftliche Expertin an der Konferenz teilnimmt.

Die vierte Financing for Development-Konferenz (FfD4) von 30. Juni bis 3. Juli biete angesichts der globalen Krisenspirale und der wachsenden Finanzierungslücke eigentlich eine große Chance. Die Staatengemeinschaft könnte den Ländern des Globalen Südens endlich den gebührenden Platz auf den internationalen Verhandlungstischen einräumen und dadurch den Multilateralismus verbessern, betont Karin Kuranda, entwicklungspolitische Fachreferentin der AG Globale Verantwortung, die ebenfalls an der Konferenz teilnimmt. Auch die Einbindung von Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft können nur die Vereinten Nationen gewährleisten. Doch insbesondere die gewählte Sprache enttäusche, erklärt Kuranda: „Das Abschlussdokument zeigt, dass die EU und andere Geberländer wie Australien, Kanada, Japan, Neuseeland, die Schweiz und Großbritannien nicht bereit sind, gleichberechtigte Verhandlungen für Länder des Globalen Südens zu ermöglichen.“

Globaler Norden bremst bei UN-Schuldenkonvention

Hinsichtlich der geforderten UN-Schuldenkonvention sehe das Abschlussdokument statt eines Bekenntnisses nur einen Prozess mit unverbindlichen Empfehlungen vor. „Das ist ein ungenügendes Mandat für einen Prozess auf UN-Ebene, der Gerechtigkeit und Transparenz schaffen soll. Wegen der eskalierenden globalen Krisen spitzt sich auch die weltweite Schuldenkrise zu. Denn Sparmaßnahmen aufgrund der Schuldenlasten hindern Länder des Globalen Südens an wichtigen staatlichen Ausgaben, etwa im Gesundheits-, Bildungs- und Sozial und Klimaschutzbereich. Dies gefährdet auch die Umsetzung der Agenda 2030 sowie die Einhaltung von Menschenrechten“, so Hannah Angerbauer, entwicklungspolitische Referentin der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz (KOO). Auch die EU lasse damit Milliarden Menschen im Stich. Sie habe Vorschläge für den UN-Schuldenkonventionsprozess immer wieder abgeschwächt.

Internationale Entwicklungsfinanzierung weiterhin auf wackligen Beinen

„Das Abschlussdokument ist eine vertane Reformchance für eine internationale Finanzarchitektur, die den Bedürfnissen von Menschen in Ländern des Globalen Südens und in weltweiten Krisengebieten tatsächlich gerecht wird. So betont es zwar die Bedeutung der öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen (Official Development Assistance, ODA), doch fehlen weiterhin rechtlich verbindliche Zusagen für die internationale Entwicklung und Humanitäre Hilfe. In Zeiten von Haushaltskürzungen stehen also ausgerechnet jene Bestandteile der ODA auf wackligen Beinen, die benachteiligten und gefährdeten Menschen Zukunftschancen geben und im Ernstfall Leben retten. Vor diesem Hintergrund bleiben die Verhandler*innen Lösungen für die drängendsten Herausforderungen unserer Zeit schuldig”, ist Karin Kuranda empört.

Bekenntnis zu UN-Steuerkonvention erfreulich

„Im Gegensatz dazu wollen die Verhandler*innen die bereits laufenden Verhandlungen über eine neue UN-Steuerkonvention weiter unterstützen. Im Abschlussdokument treten sie für progressive, geschlechter- und klimagerechte Steuersysteme ein. Sie bekennen sich zu mehr Steuertransparenz sowie zu einer fairen Besteuerung von Unternehmen und der Reichsten der Welt. Insbesondere die Regierungen der EU-Länder, die dem Prozess bisher eher abwartend gegenüberstanden, sind gefragt, dieses Versprechen in der nächsten Verhandlungsrunde Anfang August 2025 einzulösen“, freut sich Martina Neuwirth.

„Wir begrüßen, dass auch die österreichische Außenministerin Beate Meinl-Reisinger an der Konferenz teilnehmen wird. Als UN-Standort und möglicher Kandidat für einen temporären Sitz im UN-Sicherheitsrat trägt Österreich auch eine besondere globale Verantwortung. Trotz des müden Abschlussdokuments sind wir davon überzeugt, dass die FfD4-Konferenz den Weg für Veränderungen in der Wirtschafts- und Finanzarchitektur sowie in den multilateralen Beziehungen bereiten kann. Ein faires System ist keine Sache von Wohltätigkeit, sondern von Gerechtigkeit. Dafür werden wir uns als Teil einer starken Zivilgesellschaft in Sevilla einsetzen“, schließen Martina Neuwirth und Karin Kuranda.

Bei Interesse an einem Interview oder weiterführenden Informationen wenden Sie sich bitte an:

Martina Neuwirth
Steuer- und Wirtschaftsexpertin des Vienna Institute for Dialogue and Cooperation (VIDC)
neuwirth@vidc.org

Für Karin Kuranda:
Hannah Hauptmann
Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit der AG Globale Verantwortung
presse@globaleverantwortung.at
+43 699/17 20 42 07

Doppelbudget 2025/2026 bremst aktive Außenpolitik aus

Zeitungsartikel über die AG Globale Verantwortung

„Die österreichische Bundesregierung kürzt in derselben Woche das entwicklungspolitische und humanitäre Budget, in der UNOCHA die Staatengemeinschaft darüber informierte, aufgrund der drastischsten humanitären Finanzierungslücke seit Bestehen der UN-Organisation zu einer ‚Triage des menschlichen Überlebens‘ gezwungen zu sein. Wenn die Vereinten Nationen nur noch einem Drittel der rund 310 Millionen notleidenden Menschen lebensrettende Humanitäre Hilfe zusichern können, ist das eine Bankrotterklärung für die Regierungen dieser Welt“, sagt Sybille Straubinger, Vorstandsvorsitzende der AG Globale Verantwortung und Geschäftsführerin des VIDC.

„In dieser Lage signalisiert die österreichische Bundesregierung zwar, sich ihrer Verantwortung für weltweiten Frieden, für Stabilität und Gerechtigkeit bewusst zu sein. Mit dem heute beschlossenen Doppelbudget für 2025 und 2026 schlägt sie allerdings den entgegengesetzten Kurs ein“, betont Straubinger. Bis Ende 2026 kürze die Regierung das Budget für internationale Entwicklung, Humanitäre Hilfe und entwicklungspolitische Inlandsarbeit insgesamt um 32%, obwohl dieses ohnehin weit hinter jenen von vergleichbaren wohlhabenden Ländern zurückbleiben.

Im Detail sinken die Mittel für die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) im Jahr 2025 um 5 Millionen auf 133,6 Millionen Euro. Den Auslandskatastrophenfonds (AKF) dotiere die Regierung nur noch mit 50 Millionen Euro – 30 Millionen weniger als die 2024 beschlossenen 80 Millionen Euro. Für 2026 sieht das Budget lediglich knapp 114 Millionen Euro für die OEZA und 35 Millionen Euro für den AKF vor. Laut Budgetpfad verharrt es auf diesem niedrigen Niveau bis 2029.

Scheinbare Einsparungen kommen in Form vielfach größerer Krisen zurück

„Wenn die Regierung auf Kosten von benachteiligten und gefährdeten Menschen in Krisengebieten spart, ist das einerseits aus humanitärer Perspektive äußerst bedauerlich. Andererseits sind das nur scheinbare Einsparungen, die in Form vielfach größerer Krisen zurückkommen. Jeder in Humanitäre Hilfe und internationale Entwicklung investierte Euro fördert hingegen Krisenprävention, Stabilität und Sicherheit. Denn Prävention ist bekanntermaßen günstiger als ein verzögertes Reagieren. Es gilt daher, die OEZA und den AKF auf die größtmögliche Wirkkraft für Menschen in Not auszurichten – durch einen Fokus auf Planbarkeit und vorausschauende Maßnahmen“, rät Walter Hajek, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AG Globale Verantwortung und Leiter der internationalen Zusammenarbeit des Österreichischen Roten Kreuzes.

Appell: Von Kürzungen absehen und Außenpolitik aktiv gestalten

Abschließend wiederholt Sybille Straubinger, dass das Doppelbudget für 2025 und 2026 eine weitere Lücke in die internationale Zusammenarbeit reiße. Diese stehe bereits unter immensem Druck. „Wir appellieren an die Regierung, künftig von Kürzungen abzusehen und die internationale Entwicklung, Humanitäre Hilfe und entwicklungspolitische Inlandsarbeit endlich als wesentliche und positive gestaltbare Instrumente einer aktiven Außenpolitik zu begreifen. Dafür ist ein abgesichertes wie krisenfestes Budget unerlässlich. So wird aus einem kleinen Land ein wichtiger Partner, der einen großen Unterschied in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten macht. Und zwar durch jeden Euro, der Zukunftschancen gibt und im Ernstfall Menschenleben rettet.

(hh)

Empfehlungen der österreichischen Zivilgesellschaft zur FfD4-Konferenz in Sevilla

Briefpapier der AG Globale Verantwortung

Spätestens seit den folgenreichen Budgetkürzungen für die US-Entwicklungsbehörde USAID ist 2025 zu einem richtungsentscheidenden Jahr in der internationalen Entwicklung, Humanitären Hilfe und entwicklungspolitischen Inlandsarbeit geworden. Vor diesem Hintergrund wollen die AG Globale Verantwortung, die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO), die Österreichische Forschungsstiftung für internationale Entwicklung (ÖFSE) und das Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC) die vierte Financing for Development-Konferenz (FfD4) von 30. Juni bis 3. Juli 2025 in Sevilla als Chance wahrnehmen, um mit Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) und Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) über globale Wirtschafts- und Finanzfragen zu diskutieren.

Die laufenden Verhandlungen zum Abschlussdokument der Konferenz zeigen, wie groß die Herausforderungen und der Diskussionsbedarf insbesondere in Bezug auf die Schulden- und Steuerarchitektur, öffentliche Entwicklungshilfeleistungen (Official Development Assistance, ODA) und internationale Entwicklungszusammenarbeit (International Development Cooperation, IDC) sind.

Die Organisationen ersuchen die Außenministerin, sich bei den kommenden Treffen und Verhandlungen im Vorfeld der Konferenz klar zu folgenden Empfehlungen zu bekennen (Details siehe Brief), und den Finanzminister, diese zu unterstützen.

Empfehlungen zur FfD4-Konferenz

  • Hochverschuldete Länder entschulden und einen zwischenstaatlichen Mechanismus bei den Vereinten Nationen (UN-Framework for Sovereign Debt) einrichten
  • Die UN-Steuerrahmenkonvention unterstützen
  • Das Mandat für die Internationale Entwicklungszusammenarbeit (IDC) auf UN-Ebene heben und die Rolle des UN Economic and Social Councils (ECOSOC) aufwerten
  • Eine klimaneutrale Entwicklungsfinanzierung etablieren
  • Ein transparentes und statistisch integres Berichtswesen sicherstellen

Eine gerechte, inklusive, kohärente und verantwortungsvolle Wirtschafts- und Finanzarchitektur, die es insbesondere den ärmsten Ländern der Welt ermöglicht, ihre Finanzierung selbst in die Hand zu nehmen und auf Augenhöhe die globalen Spielregeln mitzubestimmen, sollte das Ziel der FfD4-Konferenz sein. Dafür ist es aus Sicht der Länder des Südens wie aus Sicht der Zivilgesellschaft unerlässlich, die Vereinten Nationen ins Zentrum der globalen Entscheidungsprozesse zu rücken.


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(kk/hh)

The value of listening in a world of images

Author Norman Sieroka. © Matej Meza / University of Bremen

All too often, we focus on the evident, we highlight new insights, which then change our views of the world etc. This is because our eyes supposedly present things to us as they are. But what about listening? I don’t mean to set hearing and seeing in opposition, but I do want to advocate for the importance of listening—and reflect on why it matters. In particular, I want to explore four particular characteristics of listening: that there can be no responsibility without listening; that listening is always active, not passive; that listening reveals lives and stories; and that listening is both transient and yet enduring.

In order to respond meaningfully, we must first listen

Let’s begin with responsibility. The clue is in the word itself: response-ability—the ability to respond. In order to respond to someone meaningfully, we must first listen. This idea is in line with another core value of UNOCHA, namely outspokenness, but it also reveals a deeper truth: what is said must be heard and understood if it is to receive a response. Someone who talks without listening—or without seeking to understand—fails to take responsibility. Genuine responsibility only arises through the interplay of listening and speaking.

Listening is always an active process

Secondly, listening seems simple and easy: I hear you speak and understand what you say. But is it really that simple? In fact, listening is always an active process. It is not just your words, but, to put it vividly, it is what I inhear. Meaning emerges through interpretation, which depends heavily on my own background: the things I’ve heard before, the experiences I’ve had.

Take the word war, for instance—it means something very different to someone who has experienced war than it does to someone who has not. The same goes for love, car accident, and many other expressions. Or consider music: if I regularly listen to jazz, I begin to recognize patterns, nuances, and expressive detail. But if I’m unfamiliar with the genre, it may all sound the same—just noise or repetition. Something similar happens with foreign languages: if I don’t understand the language, I may perceive it as undifferentiated sound, a kind of background noise.

Listening discloses personal histories and individual voices

This brings me to the third point: listening discloses personal histories and individual voices. Listening is rarely abstract or detached. It connects us directly to the person speaking. Through attentive listening, we start to perceive their unique vocabulary, their tone, their pace. We begin to recognize their voice—not just acoustically, but existentially. A person’s voice has a meaning that goes beyond the words themselves; it tells us something about the speaker’s life and world.

Think of iconic examples: Martin Luther King Jr., or—returning to music—John Coltrane. Both had voices, literal and artistic, that were instantly recognizable. Their expressions carried a particular urgency and individuality. And while most of us are not Martin Luther King or Coltrane, the same principle applies: voices are an expression of an individual life.

Listening is ephemeral, yet it can have lasting impact

Which leads to the fourth point: listening is ephemeral, yet it can have lasting impact. Listening happens in time. Acoustically speaking, sounds and words vanish the moment they are spoken. And yet, words can echo through our lives. A sentence my grandmother said to me before she died, or something a teacher once mentioned in passing, might seem fleeting. But perhaps I, so to speak, re-hear these sentences again and again throughout my life. They resonate differently in different moments, unfolding their effects by maintaining an inhe(a)rent connection to my lived experience. The same applies, again, to the case of music where pieces may stay with me over time.

This kind of ongoing listening is, of course, a deeply sustainable process. And notably it is not about volume or force but about meaning and connection. Shouting may cause more people to hear me in a physical sense—but it rarely leads to more people listening, at least not in any deep or enduring way.

Thus, it is precisely the ephemeral and discursive dimension of active listening that paves important ways towards a responsible and sustainable world. The transience of sound and the immediacy of listening are of unique value in a changeable, fast-moving, and volatile world. Where images may attempt to freeze time and preserve evidence, sounds pass on and demand attention in the moment. Thus, cultivating the virtue of listening may help us meet the world—and each other—with openness, humility, and care.

Last but not least, of course, I cannot resist pointing out the title of this column: ‘Outside View’. However, I hope that I have not provided an outside view, but an outside voice that is worth listening to and that invites further responsible discourse!


About the author

Norman Sieroka is professor of philosophy at the University of Bremen. He studied philosophy and physics in Heidelberg, Cambridge, and Zurich. Listening is one of his central research themes, where his interests in psycho- and neuroacoustics, consciousness studies, philosophical anthropology as well as phenomenology converge. His interdisciplinary expertise has led to numerous collaborations with philosophers, physicists, chemists, statisticians, architects, historians, pharmacists, computer scientists, and others. He also frequently collaborates with musicians and organizes concerts to make philosophical themes audible in a literal sense. For more information about his research group see www.uni-bremen.de/theophil


Global voices for humanitarian assistance

Icon for listening, human ear

Inspired by Tom Fletcher’s statement of commitment to the humanitarian community when he resumed his position as Under-Secretary-General for Humanitarian Affairs and Emergency Relief Coordinator (OCHA) in November 2024, this channel provides expert views and impulses that highlight the current importance of listening, efficiency, outspokenness, and innovation in humanitarian assistance.

Wie Menschen in Österreich die Arbeit von NGOs wahrnehmen

Drei Kästchen, in einem ist ein Haken

Hintergrund

Die sich gegenseitig verstärkenden Krisen der letzten Jahre – allen voran Kriege und Konflikte, die Klima- und Umweltkrise sowie Gesundheits- und Schuldenkrisen – haben erneut den Hunger, die Armut und die Ungleichheiten weltweit befeuert. Nach Jahrzehnten entwicklungspolitischer und humanitärer Erfolge steigt die Anzahl der Menschen, deren Überleben und Zukunftschancen von der Unterstützung durch internationale Entwicklung und Humanitäre Hilfe abhängen, wieder stark an.

Die verschärfte geopolitische Lage stellt NGOs und andere zivilgesellschaftliche Organisationen vor zusätzliche Herausforderungen. Die USA, die Niederlande, Schweden und Großbritannien kürzten bereits ihr interationales Engagement zugunsten von wirtschafts-, sicherheits- und migrationspolitischen Eigeninteressen. Und auch die neue österreichische Bundesregierung hat den Sparstift gezückt. Zudem setzen autoritäre Tendenzen die Zivilgesellschaft in vielen Ländern zunehmend unter Druck. In immer mehr Konfliktgebieten behindern Konfliktparteien humanitäre Hilfsorganisationen dabei, gefährdete Menschen gemäß dem Humanitären Völkerreicht und den humanitären Prinzipien Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit zu unterstützen.

Vor diesem Hintergrund wollten wir erfahren, welche Wahrnehmung Menschen in Österreich von der Arbeit österreichischer NGOs im Bereich internationale Entwicklung, Humanitäre Hilfe und entwicklungspolitische Inlandsarbeit (z.B. Bildungsangebote zu globalen Themen in Österreich) haben. Unsere Mitgliedsorganisationen und ihre lokalen Partnerorganisationen ermöglichen mit jährlich über 1.000 Projekten Zukunftschancen für benachteiligte und gefährdetete Menschen in 120 Ländern der Welt.

Ergebnis

Wir freuen uns, dass 84 Personen im zehntägigen Befragungszeitraum Anfang Mai 2025 an der Umfrage auf MS Teams teilnahmen. Zu Beginn baten wir die Teilnehmer*innen, Aussagen auszuwählen, die auf sie zutrifft. Auf Basis dieser Selbstzuschreibungen haben wir sie in Akteur*innen aus dem Bereich der internationalen Entwicklung, Humanitären Hilfe und entwicklungspolitischen Inlandsarbeit (Gruppe B), in Nicht-Akteur*innen (Gruppe A) und in Stakeholder*innen aus dem Bereich (Gruppe C) unterteilt (Details siehe Auswertung).

Die karierten, gefüllten und linierten Kreise zeigen, wie hoch eine Gruppe das Interesse der österreichischen Politik (gelb), der österreichichschen Bevölkerung (dunkelgrün) und ihr eigenes Interersse (hellgrün) am abgefragten Thema bzw. Wert einstuft. Sie stellen keine Ringe, sondern kreisförmige Flächen dar, die übereinander liegen.

Nach einer kurzen Abfrage zu ihrer Person (siehe Selbstzuschreibungen in der Tabelle) stellten wir je fünf gleichlautende Fragen zu 10 Themen bzw. Werten, die in unserer Arbeit zentral sind. Konkret fragten wir jeweils auf einer Skala von 1 (= sehr niedrig) bis 5 (= sehr hoch),

  • ob die befragte Person schätzt, dass die Arbeit von NGOs zu diesem Thema bzw. Wert wirksam zu besseren Lebensrealitäten und Zukunftschancen von Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten beitragen kann (X-Achse),
  • wie hoch die befragte Person das Interesse (Kreisdurchmesser)
    • der österreichischen Politik,
    • der österreichischen Bevölkerung
    • und ihr eigenes Interesse am abgefragten Thema bzw. Wert einstuft,
  • und für wie glaubwürdig sie es hält, dass sich NGOs für dieses Thema bzw. diesen Wert einsetzen (Y-Achse).

Die Teilnehmer*innen dieser Umfrage sprechen allen abgefragten Themen und Werten eine hohe Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit zu, und zwar zwischen 3 und 5 auf der fünfstufigen Skala. Das entspricht dem Umstand, dass Menschen tendenziell eher an Online-Umfragen zu ihren eigenen Interessensgebieten teilnehmen. Die Ergebnisse der Gruppe C (Stakeholder*innen, linierte Kreise) sind allerdings wenig aussagekräftig, da nur 4 Teilnehmer*innen dieser Gruppe zuzuordnen sind.

Im Durchschnitt schätzen es die Befragten aller Gruppen als besonders wirksam und glaubwürdig ein, dass sich NGOs der internationalen Entwicklung, Humanitären Hilfe und entwicklungspolitischen Inlandsarbeit für (5) Stabilität und Frieden, (7) Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sowie (8) Faire Wirtschaftsbeziehungen einsetzen.

Am wenigsten Zuspruch erhält die Auseinandersetzung mit (6) Flucht, Vertreibung und Migration.

Zudem ist festzuhalten, dass die Antworten der Befragten aller Gruppen auf einen Perception Gap hindeuten: Sie gehen davon aus, dass ihr eigenes Interesse (hellgrün) an einem abgefragten Thema oder Wert viel höher im Vergleich zum Interesse der österreichischen Politik (gelb) und Bevölkerung (dunkelgrün) ist. Diese verzerrte Wahrnehmung spiegelte sich beispielsweise auch in einer internationalen Studie zur Klimakrise wider,[1] die zum Ergebnis kam, dass entgegen der Annahme der einzelnen Befragten insgesamt 89% strengere Klimaschutzmaßnahmen von der Politik fordern. Es ist anzunehmen, dass es auch in diesem Sektor einen Perception Gap gibt, da laut einer aktuellen deutschen Studie 63% der Befragten das staatliche Engagement in der internationalen Entwicklung und 72% das in der Humanitären Hilfe befürworten.[2]

Nur bei (5) Stabilität und Frieden, (6) Flucht, Vertreibung und Migration und (7) Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte schätzen die Teilnehmer*innen das Interesse von Politik und Bevölkerung im Durchschnitt höher als 3 ein. Hingegen ist lediglich bei den Befragten der Gruppe A (Nicht-Akteur*innen, gefüllte Kreise) das eigene Interesse an (2) Internationaler Zusammenarbeit bzw. Partnerschaften, (8) Fairen Wirtschaftsbeziehungen und an einer (9) Widerspruchsfreien Politik im Durchschnitt niedriger als 4.

Auswertung

GruppePrimäre Selbstzuschreibungen der Teilnehmer*innenAnzahl der Teilnehmer*innen
A: Nicht-Akteur*innen
(kariert)
– Ich arbeite in einem anderen Bereich.
– Ich arbeite für eine NGO bzw. zivilgesellschaftliche Organisation, aber nicht in diesem Bereich.
– Es ist mir wichtig, die Arbeit von NGOs in diesem Bereich mit regelmäßigen Spenden zu unterstützen.
34
B: Akteur*innen
(gefüllt)
– Ich arbeite für eine NGO im Bereich oder habe für eine gearbeitet.
– Ich engagiere mich ehrenamtlich in diesem Bereich.
– Ich bin Student*in eines verwandten Studiengangs.
46
C: Stakeholder*innen
(liniert)
– Ich arbeite in diesem Bereich, aber nicht für eine NGO.4
1. Weltweite Solidarität
Beschreibung

Weltweite Solidarität bedeutet für uns, dass die österreichische Bundesregierung und Menschen aus der Bevölkerung für benachteiligte und gefährdete Menschen in Ländern des Globalen Südens oder in Krisengebieten einstehen und auch in deren Interesse handeln. Sie erkennen an, dass alle Menschen die Bewohner*innen einer Welt sind, weshalb Österreich eine globale Verantwortung über die Landesgrenzen hinaus hat.

Fragestellung
  • Wirksamkeit: Wie sehr kann weltweiter Zusammenhalt Ihrer Einschätzung nach bessere Zukunftschancen für Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten bewirken?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der österreichischen Politik an weltweitem Zusammenhalt ein?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der Bevölkerung an weltweitem Zusammenhalt ein?
  • Wie stufen Sie Ihr Interesse an weltweitem Zusammenhalt ein?
  • Glaubwürdigkeit: Begrüßen Sie es, wenn sich NGOs für weltweiten Zusammenhalt einsetzen?
Gruppe C (Stakeholder*innen) geht davon aus, dass das Interesse der österreichischen Politik und österreichischen Bevölkerung an der Arbeit von NGOs zu weltweiter Solidarität gleich groß ist, daher ist nur ein Kreis zu sehen. © Globale Verantwortung
2. Internationale Zusammenarbeit bzw. Partnerschaften
Beschreibung

Diese geht Österreich bilateral mit anderen Ländern und multilateral über internationale Organisationen (z.B. UNO) ein. Zusammenarbeit bedeutet, dass die Beteiligten Vorteile (z.B. durch Handelsbeziehungen), aber auch Pflichten haben (z.B. 0,7% des jährlichen Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfeleistungen in Ländern des Globalen Südens bereitzustellen). Abkommen, Konventionen, etc. regeln die Zusammenarbeit. Eine Partnerschaft setzt im Gegenzug nicht voraus, dass alle Beteiligten profitieren.

Fragestellung
  • Wirksamkeit: Wie sehr können internationale Zusammenarbeit bzw. Partnerschaften Ihrer Einschätzung nach bessere Zukunftschancen für Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten bewirken?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der österreichischen Politik an internationaler Zusammenarbeit bzw. Partnerschaften ein?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der Bevölkerung an internationaler Zusammenarbeit bzw. Partnerschaften ein?
  • Wie stufen Sie Ihr Interesse an internationaler Zusammenarbeit bzw. Partnerschaften ein?
  • Glaubwürdigkeit: Begrüßen Sie es, wenn sich NGOs für internationale Zusammenarbeit bzw. Partnerschaften einsetzen?
© Globale Verantwortung
3. Soziale Gerechtigkeit
Beschreibung

Soziale Gerechtigkeit bedeutet für uns, dass sich die österreichische Bundesregierung (aber auch Menschen aus der Bevölkerung in ihrem Wirkungsbereich) für den weltweiten Abbau von Armut sowie Ungleichheiten einsetzen und diesen nicht anderweitig blockieren, etwa durch ihre wirtschaftlichen Zielsetzungen oder Konsumentscheidungen. Ein gerechter Wandel zielt darauf ab, das Wohlbefinden aller Menschen zu steigern – sowohl von derzeitigen als auch von zukünftigen Generationen.

Fragestellung
  • Wirksamkeit: Wie sehr kann soziale Gerechtigkeit Ihrer Einschätzung nach bessere Zukunftschancen für Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten bewirken?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der österreichischen Politik an weltweiter sozialer Gerechtigkeit ein?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der Bevölkerung an weltweiter sozialer Gerechtigkeit ein?
  • Wie stufen Sie Ihr Interesse an weltweiter sozialer Gerechtigkeit ein?
  • Glaubwürdigkeit: Begrüßen Sie es, wenn sich NGOs für weltweite soziale Gerechtigkeit einsetzen?
Gruppe C (Stakeholder*innen) geht davon aus, dass das Interesse der österreichischen Politik und österreichischen Bevölkerung an der Arbeit von NGOs zu sozialer Gerechtigkeit gleich groß ist, daher ist nur ein Kreis zu sehen. © Globale Verantwortung
4. Ökologische Gerechtigkeit
Beschreibung

Ökologische Gerechtigkeit bedeutet für uns, dass sich die österreichische Bundesregierung (aber auch Menschen aus der Bevölkerung in ihrem Wirkungsbereich) zum Beispiel für eine weltweite Reduktion klima- und umweltschädlicher Emissionen einsetzen. Menschen in Ländern des Globalen Südens (ca. 80% der Weltbevölkerung) sind nur für 8% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich (Stand 2022), aber gleichzeitig am härtesten von Erderhitzung und klimabedingten Katastrophen betroffen. Klimaschutz sowie der Erhalt von Lebensräumen und Biodiversität setzen daher voraus, dass wohlhabende Länder die am meisten betroffenen Länder dabei unterstützen, weitere Schäden durch die Klima- und Umweltkrise abzuwenden, Verluste auszugleichen und notwendige Anpassungsmaßnahmen zu treffen.

Fragestellung
  • Wirksamkeit: Wie sehr kann ökologische Gerechtigkeit Ihrer Einschätzung nach bessere Zukunftschancen für Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten bewirken?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der österreichischen Politik an weltweiter ökologischer Gerechtigkeit ein?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der Bevölkerung an weltweiter ökologischer Gerechtigkeit ein?
  • Wie stufen Sie Ihr Interesse an weltweiter ökologischer Gerechtigkeit ein?
  • Glaubwürdigkeit: Begrüßen Sie es, wenn sich NGOs für weltweite ökologische Gerechtigkeit einsetzen?
Gruppe C (Stakeholder*innen) geht davon aus, dass das Interesse der österreichischen Politik und österreichischen Bevölkerung an der Arbeit von NGOs zu ökologischer Gerechtigkeit gleich groß ist, daher ist nur ein Kreis zu sehen. © Globale Verantwortung
5. Stabilität und Frieden
Beschreibung

Österreich kann in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten zu sozialer Ordnung, Stabilität und Frieden durch Diplomatie beitragen, aber auch durch die Förderung menschlicher Sicherheit. Diese umfasst nicht nur militärische Aspekte, sondern auch Ernährungssicherheit, gesundheitliche Sicherheit, Umweltsicherheit, wirtschaftliche Sicherheit sowie gesellschaftliche und persönliche Sicherheit.

Fragestellung
  • Wirksamkeit: Wie sehr kann der Ansatz einer menschlichen Sicherheit Ihrer Einschätzung nach bessere Zukunftschancen für Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten bewirken?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der österreichischen Politik an weltweiter Stabilität und an Frieden ein?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der Bevölkerung an Stabilität und Frieden ein?
  • Wie stufen Sie Ihr Interesse an weltweiter Stabilität und an Frieden ein?
  • Glaubwürdigkeit: Begrüßen Sie es, wenn sich NGOs für weltweite Stabilität und Frieden einsetzen?
© Globale Verantwortung
6. Flucht, Vertreibung und Migration
Beschreibung

Im Jahr 2023 gab es laut UNHCR 117 Millionen vertriebene Menschen auf der Welt; fast doppelt so viele wie 2014. Allerdings konnten 58% dieser Menschen in ihrer Region bleiben. Österreich kann dazu beitragen, dass Menschen in Ländern des Globalen Südens Zukunftschancen haben.

Fragstellung
  • Wirksamkeit: Wie sehr können NGOs, die sich mit Flucht, Vertreibung und Migration auseinandersetzen, Ihrer Einschätzung nach bessere Zukunftschancen für Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten bewirken?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der österreichischen Politik an Flucht, Vertreibung und Migration ein?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der Bevölkerung an Flucht, Vertreibung und Migration ein?
  • Wie stufen Sie Ihr Interesse an Flucht, Vertreibung und Migration ein?
  • Glaubwürdigkeit: Begrüßen Sie es, wenn sich NGOs mit Flucht, Vertreibung und Migration auseinandersetzen?
Gruppe C (Stakeholder*innen) geht davon aus, dass das Interesse der österreichischen Politik und österreichischen Bevölkerung an der Arbeit von NGOs zu Flucht, Vetreibung und Migration gleich groß ist, daher ist nur ein Kreis zu sehen. © Globale Verantwortung
7. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte
Beschreibung

Die österreichische Bundesregierung und Menschen aus der Bevölkerung können sich in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte einsetzen. Zum Beispiel kann sich jede*r zivilgesellschaftlich engagieren und sich dafür stark machen, dass andere ihr Wahlrecht in Anspruch nehmen. Die Regierung kann wiederum ihre internationale Zusammenarbeit und Partnerschaften an Bedingungen knüpfen, sodass diese Werte auch in den Partnerländern gefördert werden.

Fragestellung
  • Wirksamkeit: Wie sehr können Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte Ihrer Einschätzung nach bessere Zukunftschancen für Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten bewirken?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der österreichischen Politik an Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte weltweit ein?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der Bevölkerung an Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte weltweit ein?
  • Wie stufen Sie Ihr Interesse an Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte weltweit ein?
  • Glaubwürdigkeit: Begrüßen Sie es, wenn sich NGOs für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte weltweit einsetzen?
© Globale Verantwortung
8. Faire Wirtschaftsbeziehungen
Beschreibung

Das Exportland Österreich profitiert von internationaler Zusammenarbeit. Nicht nur Waren sind gefragt, sondern auch österreichische Dienstleistungen und Know-how.

Fragestellung
  • Wirksamkeit: Wie sehr können faire Wirtschaftsbeziehungen Ihrer Einschätzung nach bessere Zukunftschancen für Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten bewirken?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der österreichischen Politik an fairen Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern des Globalen Südens ein?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der Bevölkerung an fairen Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern des Globalen Südens ein?
  • Wie stufen Sie Ihr Interesse an fairen Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern des Globalen Südens ein?
  • Glaubwürdigkeit: Begrüßen Sie es, wenn sich NGOs für faire Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern des Globalen Südens einsetzen?
© Globale Verantwortung
9. Widerspruchsfreie Politik
Beschreibung

Eine widerspruchsfreie Politik bedeutet für uns, dass die österreichische Bundesregierung Interessen und Maßnahmen, welche Länder des Globalen Südens an einer nachhaltigen Entwicklung hindern, beendet oder so anpasst, dass sie eine weltweite nachhaltige Entwicklung fördern. Dieser Ansatz, auch Politikkohärenz im Interesse nachhaltiger Entwicklung genannt, kann nur dann erfolgreich zum weltweiten Abbau von Armut und Ungleichheiten beitragen, wenn er in allen Politikbereichen angewandt wird (z.B. in der Handels-, Rohstoff-, Steuer-, Agrar- und Migrationspolitik).

Fragestellung
  • Wirksamkeit: Wie sehr kann eine widerspruchsfreie Politik Ihrer Einschätzung nach bessere Zukunftschancen für Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten bewirken?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der österreichischen Politik an einer weltweit widerspruchsfreien Politik ein?
  • Wie schätzen Sie das Interesse der Bevölkerung an einer weltweit widerspruchsfreien Politik ein?
  • Wie stufen Sie Ihr Interesse an einer weltweit widerspruchsfreien Politik ein?
  • Glaubwürdigkeit: Begrüßen Sie es, wenn sich NGOs für eine widerspruchsfreie Politik einsetzen?
© Globale Verantwortung
10. Starke Zivilgesellschaft
Beschreibung

Die Zivilgesellschaft ist eine Schlüsselakteurin für weltweiten Frieden und Stabilität sowie im Kampf gegen Krisen, Hunger, Armut und Ungleichheiten. Darüber hinaus erfüllt sie wichtige demokratische und soziale Funktionen, auch in Österreich. Im Jahr 2024 unterstützte die österreichische Bevölkerung deren Arbeit mit über einer Milliarde Euro, davon 258 Millionen Euro für Zwecke der „internationalen Hilfe“.

Doch schrumpft der weltweite Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft seit vielen Jahren. Laut Civicus lebten gar 97,9% der Weltbevölkerung in Ländern, in denen die Zivilgesellschaft nur eingeschränkt handeln, sich organisieren und frei äußern kann (Stand 2024).

Fragestellung
  • Wirksamkeit: Wie sehr kann eine starke Zivilgesellschaft Ihrer Einschätzung nach bessere Zukunftschancen für Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten bewirken?
  • Interesse: Wie schätzen Sie das Interesse der österreichischen Politik an einer weltweit starken Zivilgesellschaft ein?
  • Interesse: Wie schätzen Sie das Interesse der Bevölkerung an einer weltweit starken Zivilgesellschaft ein?
  • Interesse: Wie stufen Sie Ihr Interesse an einer weltweit starken Zivilgesellschaft ein?
  • Glaubwürdigkeit: Begrüßen Sie es, wenn sich NGOs für eine weltweit starke Zivilgesellschaft einsetzen?
© Globale Verantwortung

Fußnoten

[1] Peter Andre et al. (2024): Globally representative evidence on the actual and perceived support for climate action. In: Nature Climate Change 14, pp 253–259. Abgerufen unter: https://www.nature.com/articles/s41558-024-01925-3, Zugriff am 02.06.2025

[2] DEval (2024): Der DEval-Meinungsmonitor 2024. Abgerufen unter https://www.deval.org/de/evaluierungen/laufende-und-abgeschlossene-evaluierungen/der-deval-meinungsmonitor-entwicklungspolitik/der-deval-meinungsmonitor-entwicklungspolitik-2024, Zugriff am 02.06.2025

(hh)

How to innovate for more efficient humanitarian assistance

Portrait of Bernhard Kowatsch, WFP Innovation Accelerator

Recent big impact innovations to achieve the “zero hunger” goal

Portrait of Bernhard Kowatsch, WFP Innovation Accelerator
Author Bernhard Kowatsch © WFP / Slava Blazer Photography

The World Food Programme’s (WFP) Innovation Accelerator considers several initiatives to be significant contributions to the advancement of the „zero hunger“ goal. These innovations address different aspects of the challenge, from improving supply chain efficiency and digital cash transfers to strengthening smallholder agriculture and enabling real-time decision-making through data.

One impactful initiative is Building Blocks, WFP’s blockchain-based humanitarian payment system. Since 2017, it first operated as blockchain wallet for refugees going into stores to purchase food. Right now, Building Blocks is being used by 65 organizations in Ukraine. It saved 67 million US Dollar in 2024 and 200 million US Dollar between 2022 and 2024 by avoiding potentially duplicate transitions, resulting in these funds to be redirected to assist even more people.

Another innovation is the Farm to Market Alliance (FtMA). This public-private consortium builds resilient food systems by strengthening smallholder farmers‘ access to inputs, services, and structured markets through a network of 2,500 Farmer Service Centres. In 2024 alone, FtMA supported 730,000 smallholder farmers, reaching more than 3.6 million beneficiaries in total.  The alliance also pilots innovative methods using technology and new business models to increase smallholder farmers’ incomes sustainably.

SCOUT is another key innovation that improves WFP’s operational efficiency. This AI-driven supply chain optimization tool enables faster, smarter decision-making on procurement, storage, and transport. By avoiding peak prices and long-distance suppliers, SCOUT generated already 2 million US Dollar in savings in its first pilot implementation. It is projected to deliver over 50 million US Dollar in long-term savings. More importantly, SCOUT reduces delivery times and enables WFP to respond more nimbly to emergencies.

In parallel, HungerMap LIVE enhances WFP’s ability to monitor and respond to food insecurity in real time. By integrating data on nutrition, weather, conflict, and economic shocks, HungerMap LIVE shifts humanitarian action from reactive to proactive, enabling smarter, faster, and more targeted interventions.

These innovations each represent a distinct facet of the WFP’s strategy for innovation, which involves harnessing technology, forging strong partnerships, strengthening local resilience, and reshaping the delivery of humanitarian assistance. Together, they drive WFP’s vision of a world with zero hunger.

Common misconceptions about start-ups and innovation

As we are running 18 impact accelerator programmes this year, and multiples of these over the years, we’ve seen a lot of impactful start-ups positively impact the lives of people across the planet. In 2024 alone, the start-ups and non-profit innovations reached 61 million people. These innovations raised a total of 323 million US Dollar of grant funding between 2015 and 2024 in addition to funding provided by us and in addition to any equity investments.

One common misconception is that start-ups and innovations never reach scale. This misconception usually comes from two root causes:

  1. Innovations at start-ups usually do something new, something truly innovative. Inherently that means that creating something new needs to be co-developed with people and adapted. At that stage building and learning fast is the most important aspect.
  2. Innovations and start-ups should have a strong impact potential with a mechanism that can take them to scale. In early innovation phases these innovations can seem deceptively small, while they can ultimately become really big endeavours.

Another misconception is about knowledge that people engaged with innovations right now compared to years ago when decisions took place. Looking back, it seems like successful innovations would have been obvious from the get-go, but in fact, there is always a level of risk involved. Support mechanisms such as accelerator programmes can help minimise risk, while still supporting the most promising start-ups and innovations.

Key lessons for the WFP Innovation Accelerator in implementing localized solutions

One of our strongest learnings is that localized innovation must be developed with, not just for, the communities we serve.

That is why human-centered design (HCD) and lean start-up approaches are central to our approach. By developing solutions that solve real problems for people, the innovations are not just theoretically useful, but adapted to create the biggest impact. When communities are part of shaping solutions, they are more invested in their success. This builds ownership, trust, and the capacity to adapt and sustain innovations over time.

Equally important is recognizing that context matters. What succeeds in one setting may require adaptation elsewhere. This is why flexibility, iterative feedback loops, and local leadership are key when scaling localized solutions.

At WFP, we see country offices and regional innovation hubs as engines of innovation, driving adaptation, field-testing, and scaling in close partnership with local stakeholders. Strengthening their innovation capabilities is essential to building sustainable, resilient food systems and humanitarian responses.

In short, field-driven, user-centered, and community-empowering innovation is not a “nice to have” but the foundation for lasting impact.


About the author

Bernhard Kowatsch is the Director Global Accelerator and Ventures at the United Nations World Food Programme. Since he created the Global Accelerator in 2015, it has become one of the Worlds biggest impact start-up accelerators offering 18 annual programmes. Prior to starting the Accelerator, Bernhard co-founded the award-winning ShareTheMeal app that crowdsources funding for WFP and has delivered over 268 million meals for hungry children worldwide. His previous experience includes creating WFP’s Business Innovation Unit and working as a Project Leader at the Boston Consulting Group (BCG).


Global voices for humanitarian assistance

Icon for innovation, robot arm

Inspired by Tom Fletcher’s statement of commitment to the humanitarian community when he resumed his position as Under-Secretary-General for Humanitarian Affairs and Emergency Relief Coordinator (OCHA) in November 2024, this channel provides expert views and impulses that highlight the current importance of listening, efficiency, outspokenness, and innovation in humanitarian assistance.

Tom Fletcher urges immidiate humanitarian assistance in Gaza

Tom Fletcher has called for an end to Israel’s blockade of Gaza which began in early March. „Every single one of the 2.1 million Palestinians in the Gaza strip faces the risk of famine. One in five faces starvation“, he pointed out in clear words.

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Regierung kürzt internationale Entwicklung und Humanitäre Hilfe in äußerst kritischem Moment

Zeitungsartikel über die AG Globale Verantwortung

“Die AG Globale Verantwortung hat den Entwurf für das Doppelbudget 2025 und 2026 mit Sorge erwartet. Nun ist es Gewissheit, dass auch die österreichische Bundesregierung den Sparstift bei der internationalen Entwicklung, Humanitären Hilfe und entwicklungspolitischen Inlandsarbeit ansetzt. Das ist äußerst bedauerlich, denn die Schere zwischen dem humanitären Bedarf notleidender Menschen und der Unterstützung, die diese erhalten, könnte nicht größer sein. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat die Welt nicht mehr so viele Krisen und Konflikte erlebt. Da sollte es eigentlich auf der Hand liegen, dass Geberländer ihre Mittel erhöhen, anstatt sie zu kürzen”, kritisiert Lukas Wank, Geschäftsführer der AG Globale Verantwortung.

Konkret sehe der präsentierte Budgetentwurf vor, die Gelder für die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit und den Auslandskatastrophenfonds im Jahr 2025 um 15 Millionen Euro und 2026 um weitere 35 Millionen Euro zu kürzen. “Im Vergleich zu 2024 verringert die Regierung die Mittel bis Ende 2026 um fast ein Viertel. Das ist ein harter Rückschlag, denn nichts Geringeres als die Zukunftschancen und das Überleben von Menschen in Ländern des Globalen Südens sowie in Krisengebieten stehen auf dem Spiel”, ist Wank alarmiert.

Kleine Staaten wie Österreich können in Krisenzeiten überproportional an Bedeutung gewinnen

“Dennoch: Wenn die Regierung in den Folgejahren von weiteren Kürzungen absieht und ihren Beitrag für eine stabile, friedliche und gerechte Welt zu einer Priorität macht, kann es ihr sogar gelingen, Österreichs internationales Profil als engagierter Partner zu schärfen. Denn in Krisenzeiten wie diesen können kleine, neutrale Staaten überproportional an Bedeutung gewinnen – und damit auch jeder Euro, den sie im Kampf gegen Krisen, Hunger, Armut und Ungleichheiten aufbringen. Österreich kann zum Beispiel jetzt einen echten Unterschied in der Welt machen, indem es rasch die Mittel für Humanitäre Hilfe in langanhaltenden Krisen wie im Sudan, in Gaza und in der Ukraine bereitstellt”, appelliert Wank abschließend an Außenministerin Beate Meinl-Reisinger.

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No more business as usual – this is the moment to transform the aid system

Briefpapier der AG Globale Verantwortung

In the spirit of the aid effectiveness principles, country ownership and alignment with their development priorities and objectives are key in the global aid governance. For a long time, civil society has been calling for much-needed reforms of the current system. These reforms need to be discussed and agreed upon well beyond OECD’s Development Assistance Committee (DAC), in a space where both donor and recipient countries are present on equal footing. The Fourth International Conference on Financing for Development (FfD4) taking place this summer (30 June to 3 July in Sevilla) is a once-in-a-decade opportunity. The Conference is also a key test for multilateralism and cooperation, which are now under attack in an increasingly volatile and conflict-ridden world.


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The EU’s short-sighted aid cuts are a choice – so is the way forward!

Quote by Lukas Wank about aid cuts.

“The European Union can’t have it both ways. It promotes the Global Gateway as a bold promise of shared prosperity and strategic investment in infrastructure, yet it slashes funding to countries with the greatest human development needs. If EU Member States and EU Institutions are even slightly concerned about our shared future, they must invest in people, not pull the rug out from under them. Shortsighted cuts now will undermine a secure and prosperous, common future.“

Tanya Cox, Director of CONCORD

Logo des europäischen Dachverbands CONCORD

After five years of progress, ODA dropped in 2024. EU Member States part of the Development Assistance Committee (DAC) are also driving the downturn. ODA from EU Member States decreased to 88.7 billion USD. This represents 0.47% of EU Member States combined Gross National Income (GNI) and a decrease in ODA by 8.6% in real terms compared to 2023. Only four EU Member States allocated at least 0.7% of their GNI to ODA in 2024, one less than in 2023.

Once again, the EU’s inability to respect development assistance commitments goes hand-in-hand with reporting expenses as ODA that fall outside internationally agreed criteria. Despite calls for accountability, many of the EU Member States continue to hollow out their solidarity by allocating funds to cover the costs of hosting refugees within donor countries’ borders, referred to by the OECD as in-donor refugee costs. An alarming 13.1 % of DAC member countries total ODA is diverted to in-donor refugee costs, effectively rebranding domestic spending as ODA.

Meanwhile, ODA to Least Developed Countries (LDC) has only reached 35 billion USD, a fall of 3% in real terms compared to 2023. This practice shows that ODA is not strengthening the basic services and systems, like education and health, that we expect it to, in the places that need it most.

The EU must understand that poor ODA quality and shrinking envelopes are not simply about saving money. They mean less preparedness for all our futures, less human security and trust lost between partners. The EU is not making the cooperation system more efficient. It is dismantling the system it helped to build.

“The cuts combined with the recent USAID Stop-Work Order will only worsen the global outlook: a retreat from global responsibility, a rollback of progress in human development, and a signal to the world that commitments are conditional, fragile, and political. Is this the path the EU wants to follow? Is this the course of action that will make the world more secure?”

Lukas Wank, Director of Global Responsibility

This should be the moment when the EU steps up — rather than leaving the room. The EU and the world cannot afford the risk of short-sighted self-interest, it will come back to hit us.


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Internationale Entwicklungsfinanzierung: NGOs fordern Ende der Verwässerung und Widersprüche

Zeitungsartikel über die AG Globale Verantwortung

„Infolge der multiplen Krisen und Katastrophen in den vergangenen Jahren haben viele Länder Zusammenhalt mit den Menschen in Ländern des Globalen Südens und in Krisengebieten demonstriert. Doch nun droht die internationale Zusammenarbeit – und mit ihr der weltweite Kampf gegen Hunger, Gewalt, Armut und Ungleichheiten – den Sparkursen vieler Regierungen zum Opfer fallen“, warnt Michael Opriesnig, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, anlässlich der Präsentation der vorläufigen öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen (Official Development Assistance, ODA) der OECD-Mitgliedsstaaten für das Jahr 2024.

Die österreichische und viele weitere Regierungen bekennen sich zum Ziel, 0,7% des jährlichen Bruttonationaleinkommens (BNE) für ihre ODA bereitzustellen. Erreicht haben es erst wenige. Österreichs vorläufige ODA für 2024 ist stark gesunken, und zwar von 0,38% auf 0,34% des BNE. Opriesnig stellt klar: „Jeder noch so kleine Prozentpunkt kann Menschen vor weiteren Krisen schützen, ihr Überleben sichern und ihre Zukunftschancen verbessern. Wer hingegen heute spart, zahlt morgen den vielfachen Preis in Form von größeren Konflikten, langwierigeren Krisen und wachsender Ungleichheit.“

OECD-Länder verwässern Entwicklungshilfeleistungen

Doch auch die zusätzliche Vereinbarung, 0,2% des BNE für die ärmsten Länder bereitzustellen, halten viele OECD-Länder nicht ein. Das seien Gelder, die etwa in der Bildung fehlen, ergänzt Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von Jugend Eine Welt. „In den ärmsten Ländern unserer EINEN Welt ist eine qualitative Schul- und Berufsausbildung unerlässlich, damit Kinder und Jugendliche der Armutsspirale entkommen und ein Leben in Würde führen. Studien zeigen eindeutig: Bildung überwindet Armut!“

Die Zivilgesellschaft kritisiert zudem seit Jahren, dass OECD-Mitgliedern erlaubt wird, beispielsweise die Unterbringungskosten für schutzsuchende Menschen im Inland in die ODA einzuberechnen. „Diese Gelder kommen nicht bei benachteiligten und gefährdeten Menschen weltweit an, sondern verbleiben in den wohlhabendsten Ländern. Sie verwässern die Entwicklungshilfeleistungen und vermitteln einen falschen Eindruck der Unterstützung“, erläutert Andreas Knapp, Generalsekretär Internationale Programme der Caritas Österreich. In den letzten Jahren machten solche Ausgaben rund 27% der österreichischen ODA aus.

Internationale Konferenz soll Weichen für gerechte Entwicklungsfinanzierung stellen

Die Weichen für eine gerechte wie treffsichere Entwicklungsfinanzierung könnten auf der Financing for Development-Konferenz der UNO vom 30. Juni bis 3. Juli 2025 in Sevilla gestellt werden, meint Martina Neuwirth, Steuer- und Wirtschaftsexpertin vom VIDC. Denn zu allem Übel haben die Corona-Krisenjahre viele Länder des Globalen Südens auch noch in eine Schuldenkrise gestürzt. „Über 80 Staaten sind überschuldet. 2024 zahlten sie so viel Schuldendienst an ihre ausländischen Gläubiger wie nie zuvor: eine Milliarde US-Dollar pro Tag! Gelder, die ihnen für eine nachhaltige Entwicklung fehlen“, erklärt Neuwirth und fordert tragfähige Entschuldungen.

Da es aber auch Maßnahmen auf der Einnahmenseite brauche, solle Österreich seine Skepsis gegenüber der derzeit verhandelten UN-Steuerkonvention dringend überdenken, betont Neuwirth. „Lange wurden Steuerspielregeln hinter den verschlossenen Türen der OECD verhandelt. Auf Druck der Länder des Globalen Südens sollen diese Entscheidungen zur UNO verlagert werden, wo sie gleichberechtigt mitbestimmen können. Gerechte Regeln für alle würden Machtasymmetrien abbauen und sind für Hochsteuerländer wie Österreich eine Chance, sich Verbündete zu suchen, um Steuerschlupflöcher zu schließen.“

Klimagerechtigkeit fördern und widersprüchliche Maßnahmen beenden

„Die bedrohlichen Folgen der Erderhitzung haben die Rufe nach systemischen Veränderungen und nach einer Entwicklungsfinanzierung, die Klimagerechtigkeit fördert, in den letzten Jahren weiter verstärkt“, gibt Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin von CARE Österreich, zu bedenken. „Hitze, Dürren, Fluten und andere Wetterextreme zerstören bereits jetzt die Lebensgrundlagen vieler Menschen, verursachen Nahrungsmittel- und Wasserknappheit und führen zu Vertreibung sowie Konflikten um Ressourcen. Gezielte Unterstützung im Rahmen der internationalen Entwicklung und Humanitären Hilfe kann die Situation deutlich verbessern.“

„Länder des Globalen Nordens sind also gefordert, als verlässliche Partner aufzutreten und widersprüchlichen Zielen und Maßnahmen ein Ende zu setzen, welche die nachhaltige Entwicklung von Ländern des Globalen Südens untergraben. Zum Beispiel in der Handels-, Rohstoff-, Schulden-, Steuer-, Landwirtschafts- und Migrationspolitik. Davon würden benachteiligte und gefährdete Menschen, etwa Menschen mit Behinderungen, besonders profitieren – und langfristig die Geberländer selbst“, fasst Alex Buchinger, Geschäftsführer von Licht für die Welt, zusammen.

Appell an Regierung: Ambitionierte Entwicklungsfinanzierung im Doppelbudget 2025 und 2026

Forderungen nach einer widerspruchsfreien Politik und nach einem Ende der ODA-Verwässerungen könnten auf der Konferenz in Sevilla neuen Rückenwind erhalten, richtet sich Lukas Wank, Geschäftsführer der AG Globale Verantwortung, abschließend an die österreichische Außenministerin Beate Meinl-Reisinger. „Auf der Entwicklungsfinanzierungskonferenz kann Österreich sein internationales Profil als engagierter Akteur schärfen. Wir hoffen, dass Österreich an dieser mitwirkt und deren Ergebnisse umsetzt. Und wir appellieren, dass sich das Bekenntnis der Bundesregierung zu einer ambitionierten Entwicklungsfinanzierung im angekündigten Doppelbudget 2025 und 2026 widerspiegelt, und zwar durch bedarfsgerechte Mittel für internationale Entwicklung und Humanitäre Hilfe. Je schwerer die Zeiten sind, desto mehr sind Länder gefordert, zusammenzuarbeiten: für eine weltweit friedliche, stabile und gerechte Zukunft.“


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No more tokenism: Local humanitarian actors are key to improving efficiency

Portrait of author Jamie Munn.
Portrait of author Jamie Munn.
Author Jamie Munn © private

Over the past five plus years, hundreds of recommendations have called for more inclusive, locally-led humanitarian action, yet too often they’ve been left stagnant. Why did it take a political shock and awe of  Trump’s administration to highlight the need for real reform in humanitarian assistance? The urgency has always been there, but the United Nations’ inertia in implementation remains an obstacle.

Bridging the gap between the Global South and Global North is not just a matter of policy – it is a matter of action. Local and national actors know their communities best, and empowering them is key to improving efficiency and ensuring that aid reaches those who need it most. Yet, despite these calls, power remains concentrated in the hands of global bureaucratic and lethargic actors, stalling meaningful change.

Now is the time for international NGOs to lean into in the importance of local leadership. The International Council for Voluntary Agencies (ICVA) has long advocated for a system where local and national NGOs are not seen as mere implementers but are integral players in decision-making processes. International NGOs must now lead in ensuring that local partners have a meaningful voice at the table – not as token representatives but as real decision-makers who shape the direction of aid.

The humanitarian sector must now walk the talk. We have the opportunity to push forward the reforms and recommendations of the past, moving beyond discussion to actual implementation. A true shift in how we work together, bringing local leadership into the forefront, increasing collaboration, and enhancing resource sharing, could be the key to turning efficiency from a buzzword into a reality.

The question we must all ask ourselves: How long can we afford to delay real change when lives are at stake?


About the author

Jamie Munn has two decades of experience in aid programming, strategic development, NGO coordination, and policy formation. With a diverse career across NGOs (and a brief tenure with the United Nations) at the head office, regional, and country levels, Jamie is adept at navigating the complexities of the humanitarian landscape. Throughout his career, Jamie has championed the pivotal role of NGOs in tackling global challenges. His leadership reflects a strong commitment to innovation, advocacy, and prioritizing transparency, accountability, and coordination.

A thought leader in the field, Jamie has published research on critical issues such as gendered identities in conflict zones, aid accountability and transparency, and post-conflict nationalism. These areas of focus have further established his expertise and influence in the humanitarian sector.

As Executive Director of ICVA, Jamie is positioned to lead the organisation with a forward-thinking approach and dedication to driving positive change. His vision and expertise are in alignment with ICVA’s mission, and he is committed to guiding the organization to new levels of success, ensuring a lasting impact on the global community.


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Global voices for humanitarian assistance

Inspired by Tom Fletcher’s statement of commitment to the humanitarian community when he resumed his position as Under-Secretary-General for Humanitarian Affairs and Emergency Relief Coordinator (OCHA) in November 2024, this channel provides expert views and impulses that highlight the current importance of listening, efficiency, outspokenness, and innovation in humanitarian assistance.

Weltgesundheitstag: „Angesichts der ernsten globalen Lage braucht es jetzt Regierungen, die anpacken“

Zeitungsartikel über die AG Globale Verantwortung

Seit Elon Musk mit den zynischen Worten „Time for it to die“ angekündigt hat, die US-Entwicklungsbehörde USAID zu zerschlagen, schrillen weltweit die Alarmglocken. NGOs und internationale Organisationen warnen eindringlich vor dem Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung in Ländern des Globalen Südens und der Gefährdung unzähliger Menschenleben. Allein durch Infektionskrankheiten wie HIV, Malaria und Tuberkulose dürften bereits fast 120.000 Kinder und 60.000 Erwachsene ums Leben gekommen sein – das sind 103 vermeidbare Todesfälle pro Stunde. Auch Datenbanken wie das Hunger-Frühwarnsystem (FEWS NET) blieben vom Sparstift nicht verschont, obwohl diese das Überleben vieler Menschen sichern und die Kosten von humanitären Einsätzen reduzieren können.

Die Regierungen von Geberländern wissen, dass sie durch Investitionen in präventive und vorausschauende Maßnahmen der internationalen Entwicklung und Humanitären Hilfe viel Leid verhindern und Zukunftschancen ermöglichen. Kaum etwas ist langfristig so ertragreich wie die Investition in Menschen. So rechnet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am heutigen Weltgesundheitstag vor, dass jeder US-Dollar, der in die Gesundheit von Müttern und Neugeborenen investiert wird, eine neun- bis 20-fache Wertsteigerung in Form von Humankapital erfährt.

Dennoch erliegen Geberländer wie die USA, die Niederlande, Schweden und Großbritannien dem Trugschluss, ihre internationale Entwicklung, Humanitäre Hilfe und entwicklungspolitische Inlandsarbeit zugunsten des eigenen wirtschafts-, verteidigungs- oder migrationspolitischen Etats kürzen zu müssen. Sie ignorieren, dass die eingesparten Mittel in Form eskalierender Krisen um ein Vielfaches zurückkehren können. Das führen uns die oftmals gesundheitsschädlichen oder gar lebensgefährdenden Auswirkungen weltweiter Kriege und Konflikte, von Gesundheitskrisen wie der COVID-19-Pandemie, der Klimakrise, von Armut und Ungleichheiten sowie von zunehmenden autoritären und demokratiegefährdenden Tendenzen deutlich vor Augen. Dabei ist der Schlüssel für Gesundheit, Wohlbefinden und langfristige Stabilität ein altbekannter und denkbar einfacher: internationale Zusammenarbeit.

Angesichts der ernsten globalen Lage braucht es jetzt Regierungen, die anpacken. Daher erwarten wir auch von der österreichischen Bundesregierung, dass sie ihr internationales Engagement im Zeichen des globalen Zusammenhalts zur Priorität macht. Dadurch kann sie Österreichs internationales Profil als engagierter Akteur und glaubwürdiger Partner weiter schärfen – aus Überzeugung und Verantwortungsbewusstsein.

Lukas Wank,
Geschäftsführer der AG Globale Verantwortung

The old Greeks lived something we can learn from: Parrhesia

Portrait of author Harry Eyres.
Portrait of author Harry Eyres
Author Harry Eyres. © Jonathan Ring

In his inaugural address at the University of St Andrews in 1867, the philosopher John Stuart Mill ruled out the option, for a moral individual, of forming no opinion and taking no side. “Bad men need nothing more to compass their ends, than that good men should look on and do nothing.” It’s interesting that Mill writes “do nothing” rather than “say nothing”; he is no doubt correct that actions speak louder than words. But speaking, or not speaking, also constitute a kind of action. Right action needs to be accompanied by and articulated in right speaking, which gives the reasons for it. All of this implies that being outspoken, in certain situations, is a moral imperative.

That certainly was the view of many ancient Greek thinkers and writers. The Greeks had a special word for outspokenness: parrhesia. Meaning literally to speak everything, parrhesia has a rich and fascinating history in Greek thought, politics and literature. Parrhesia was a central feature of Athenian democracy, defined, according to Michel Foucault, as a constitution (politeia) in which people enjoyed demokratia, isegoria (the equal right of speech), isonomia (the equal participation of all citizens in the exercise of power), and parrhesia. A democracy without parrhesia would not be a democracy at all. And parrhesia occurs both when individuals speak to each other privately and when citizens address the democratic assembly.

The word parrhesia occurs for the first time in Greek literature in the plays of Euripides. There’s a striking exchange in his play The Phoenician Women in which Polyneices, returning to Thebes from exile, speaks to his mother Jocasta about the travails of an exile’s life:

JOCASTA: … What chiefly galls an exile’s heart?
POLYNEICES: The worst is this: right of free speech does not exist.
JOCASTA: That’s a slave’s life — to be forbidden to speak one’s mind.

This points to the centrality of parrhesia in the conception of a free life in ancient Athens. And it may remind us of the opening of an even more famous Greek tragedy, Aeschylus’ Oresteia, where the watchman alludes to the secret which cannot be spoken: “a great ox stands on my tongue”. The whole atmosphere in the house of Atreus, as the family and community await the return of King Agamemnon, more in dread than anticipation, is poisoned by the fact that it’s impossible to speak out.

And just one more ancient Greek reference, before we get back to the present. The classic exponent of parrhesia in ancient Athens was Socrates, who went around the city asking the most awkward questions, acting, as he himself said, like a gadfly on the flank of a noble but rather dull horse. His role was “to sting people and to whip them into a fury, all in the service of truth.” As we know, this would ultimately cost him his life.

As I write, not just the humanitarian community but the wider progressive community is reeling from a series of brutal and destabilising decisions and actions by Donald Trump’s US administration. From the promises of mass deportations of migrants to the ambush of President Zelenskyy in the Oval Office to the cutting of 80% of USAID programmes (lamentably echoed by  Keir Starmer’s decision to cut the UK overseas aid budget from 0.5% to 0.3% of GDP) these actions seem to represent the overturning of a whole post-war order, set of values and security architecture, the abandoning, with extreme prejudice, of what were thought to be enduring alliances and commitments, the sudden alignment of the USA, one-time guarantor of the rules-based order, with strongman, might-is-right brutality. More generally, not just in US, they represent the rise of the populist right, which among other things sanctions a gleeful disavowal of obligations to others.

There is surely much to be outspoken about here, but generally the reaction from opinion leaders and the wider community has been muted. There has been a reluctance to use parrhesia. No doubt many people, especially in Trump’s America, are afraid to speak out for fear of losing their job, if not, for the moment at least, their freedom or their life. The Greeks made plain that exercising parrhesia always carries some risk. What is at stake, however, in their stark terms, is the choice between a free moral life and a secure existence without honour.

It’s particularly incumbent on artists, writers and thinkers to speak out, in times when fears and insecurities are being weaponised and directed against the vulnerable by unscrupulous or disingenuous politicians, for ulterior motives. Parrhesia may be a central right of all free citizens, but for artists, writers and thinkers it is their “job”. Artists, said Ezra Pound, are the antennae of the race. That implies a special kind of sensitivity, being alert to the first faint signs of what may become a terrible “normality.” Posterity (if we still believe in such a thing) will not look kindly on the thinkers, writers and artists who dulled or betrayed their own sensitivity and did not speak out. We honour the writers and artists of the 1930s who warned of the rise of Fascism.

Of course artists have their own ways of using parrhesia, which will be different from those used by journalists, humanitarian spokespeople and others. Artists work with metaphor and images, often indirectly, but no less powerfully for that.  As fascism closed in on Spain in the 1930s, Lorca expressed his horror of bleak authoritarian repression in a play ostensibly about a tyrannical matriarch, ruining the lives of her daughters – The House of Bernarda Alba.

Others will need to speak more directly. I was lucky enough to know the former Irish Attorney-General and head of the WTO, Peter Sutherland, in his last years when he was UN Special Representative on Migration. He argued eloquently and passionately for a humane and holistic approach to migration, stressing the benefits as well as the challenges, and never forgetting the humanity and vulnerability of the migrant. He chastised those governments, including that of the UK, which failed to address the problem honestly, making it either taboo or worse, a badge of political “toughness”. “The scale of migration should be a matter of enlightened public debate”, he wrote, “one that balances economic, humanitarian, and social considerations. Politicians who have the courage to lead such a conversation in a constructive manner might be surprised by the public’s response.” Or when good people fail to speak out, to adapt Mill’s words, ill-intentioned people will take control of the narrative.

One of the frightening things is how quickly the narrative tends to shift, or how quickly the unthinkable becomes thinkable. How quickly, for example, the narrative about the Palestinians shifted from discussion of a two-state solution, and the right of return, to overt calls, from sections of the Israeli right, backed it seems (at least sometimes) by President Trump, for ethnic cleansing of the Gaza Strip. All of us who value our own freedom should have the courage to speak out about such projected or actually occurring atrocities, while we still can.


About the author

Harry Eyres is a journalist, poet, passionate European, hispanophile, birdwatcher, tennis nut, amateur pianist. Author of The Beginner’s Guide to Plato’s The Republic, Horace and Me, Seeing Our Planet Whole: A Cultural and Ethical View of Earth Observation, contributor to „New Statesman“ and „The World of Fine Wine“. For more than 11 years he wrote the „Financial Times“ SLOW LANE column. In the turbulences of today his blog harryeyres.wordpress.com (X: @sloweyres) offers the reader an opportunity to take a step back and open him/herself to new insights.


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Global voices for humanitarian assistance

Inspired by Tom Fletcher’s statement of commitment to the humanitarian community when he resumed his position as Under-Secretary-General for Humanitarian Affairs and Emergency Relief Coordinator (OCHA) in November 2024, this channel provides expert views and impulses that highlight the current importance of listening, efficiency, outspokenness, and innovation in humanitarian assistance.


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