Frauen auf Teeplantage
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Die Europäische Kommission hat ihren Vorschlag für die sogenannte Richtlinie über gesellschaftsrechtliche Sorgfaltspflichten betreffend die Nachhaltigkeit im Februar 2022 vorgelegt. Der Europäische Rat hat sich im Dezember 2022 dazu positioniert und das Europäische Parlament wird über seine Position voraussichtlich vor dem Sommer abstimmen. Dann folgen Trilog-Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament, Kommission und Rat, die darüber entscheiden werden, was konkret im Gesetzestext steht und wie wirksam dieses sein wird.

In zwei offenen Briefen der European Coalition for Corporate Justice (ECCJ) und der Women’s International League for Peace and Freedom (WILPF) rufen zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter die AG Globale Verantwortung, dazu auf, spezifische Aspekte in den Verhandlungen zu berücksichtigen: Einerseits die Risiken und Lebensrealitäten von arbeitenden Frauen in den Lieferketten und andererseits den Waffensektor.

EU-Lieferkettengesetz soll Frauenrechte und Geschlechtergerechtigkeit stärken

Frauen machen einen überproportional großen Anteil der Arbeiter*innen in Lieferketten europäischer Unternehmen aus, zum Beispiel in Textilfabriken in Asien oder der Landwirtschaft in Afrika. Sie sind von spezifischen Menschenrechtsverletzungen betroffen, wie Diskriminierung, sexueller Belästigung und Gewalt. Aber auch von Umweltverschmutzung durch Unternehmen, da Frauen zumeist für die Nahrungsmittelversorgung ihrer Familien verantwortlich sind. Daher fordern wir gemeinsam mit mehr als 140 Organisationen, dass die Institutionen der EU darauf achten, dass das Gesetz die Lebensrealitäten von Frauen ausreichend berücksichtigt. Sie kritisieren, dass der Europäische Rat in seiner Position die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau sogar aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes gestrichen hat. Sie machen darauf aufmerksam, dass Einkaufspraktiken von Unternehmen, die vorrangig auf billige Produkte abzielen, einen direkten Einfluss auf die Löhne und Arbeitsbedingungen von Arbeiterinnen haben. Die Organisationen empfehlen unter anderem, dass das EU-Lieferkettengesetz

  • Frauenrechte schützt, indem es alle international anerkannten Frauenrechte erfasst,
  • Unternehmen dazu verpflichtet, Frauen aus der lokalen Bevölkerung in die Konsultation von Stakeholder*innen sicher und sinnvoll einzubinden und
  • Unternehmen dazu verpflichtet, bei der Identifizierung von Risiken in ihren Lieferketten explizit auf Risiken für Frauen achten.

EU-Lieferkettengesetz soll den Waffensektor erfassen

In einem weiteren offenen Brief machen bisher 40 Organisationen, darunter auch wir, darauf aufmerksam, dass vier EU-Mitgliedstaaten unter den zehn größten Waffenexporteuren der Welt sind. Im Zeitraum von 2017 bis 2021 waren sie für über 21% der weltweiten Waffenexporte verantwortlich. Es gibt keine bekannten Beispiele von Rüstungsunternehmen, die in Produktion und im Transfer von Rüstungsgütern sowie damit einhergehenden Dienstleistungen eine angemessene menschenrechtliche Sorgfaltspflicht anwenden, obwohl diese Branche äußerst schwerwiegende Auswirkungen haben kann. Das EU-Lieferkettengesetz kann solche Lücken schließen, um europäische Rüstungsunternehmen in die Verantwortung zu ziehen. Der Europäische Rat hat in seiner Position diesen Sektor aber ausgenommen. Die Organisationen fordern, dass das EU-Lieferkettengesetz

  • den Waffensektor als Hochrisikosektor erfasst,
  • Unternehmen dieses Sektors Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Wertschöpfungskette auferlegt,
  • Unternehmen, die in Konflikt- und Hochrisikogebieten tätig sind, zusätzliche Sorgfaltspflichten auferlegt und
  • alle Menschenrechte einschließlich des humanitären Völkerrechts erfasst.

Damit das EU-Lieferkettengesetz tatsächlich einen wirksamen Beitrag zu einer nachhaltigen und gerechten Handelspolitik und einem menschenwürdiges Leben für Arbeiter*innen in Ländern des Globalen Südens leisten kann, setzen wir uns außerdem dafür ein, dass es für alle Unternehmen unterschiedlicher Größe gilt, die gesamte Wertschöpfungskette abdeckt und dass es Betroffenen von Arbeitsrechtsverletzungen oder von Umweltzerstörung den Zugang zur Justiz erleichtern sollte.


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(sv)