Unter dem Titel „Weniger ist nicht genug. Eine Milliarde Menschen hungert – die Regierung darf die Hilfe nicht kürzen!“ warnen Mitglieder des Dachverbands AG Globale Verantwortung – Rotes Kreuz, Diakonie, Caritas, CARE und Ökosoziales Forum – gemeinsam mit Josef Hader vor dem drohenden Bankrott der österreichischen Entwicklungspolitik und dem Verlust von Österreichs internationaler Glaubwürdigkeit. Die wichtigste Forderung der Hilfsorganisationen: Der Außenminister muss die Kürzungen stoppen und einen verbindlichen Stufenplan zur Erreichung der Entwicklungshilfe-Ziele vorlegen.

 


Santner: „Solidarität darf nicht an den Grenzen Europas Halt machen“

„Kürzungen bei den Ausgaben für Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit treffen genau jene Menschen, die ohnehin tagtäglich ums Überleben kämpfen“, sagt Max Santner, Vorsitzender der AG Globale Verantwortung und Leiter der Internationalen Hilfe im Roten Kreuz. „Ihre Stimmen werden bei uns nicht gehört und in ihrem Namen fordern wir – als entwicklungspolitische Organisationen – dass die Solidarität Österreichs nicht an den Grenzen Europas Halt macht. Die Menschen in Entwicklungsländern und Katastrophengebieten brauchen unsere Unterstützung. Dieser Verantwortung darf sich Österreich als eines der reichsten Länder nicht entziehen. Es muss endlich jene Beiträge im Kampf gegen Armut leisten, zu denen es sich verpflichtet hat.“

Chalupka: „Humanitäre Hilfe ist Stiefkind der österreichischen Außenpolitik“

„Österreich nimmt sich selbst gerne als Spendenweltmeister wahr und bei großen Katastrophen, wie dem Erdbeben in Haiti, werden von den Nichtregierungsorganisationen auch regelmäßig Spenden in Rekord-höhe gesammelt“, stellt Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich, fest. „Schaut man sich hier im Gegenzug die Position der österreichischen Regierung an, merkt man schnell, dass es einen großen Unterschied im Tempo und in der Umsetzung gibt. Die Humanitäre Hilfe kann mit Fug und Recht als Stiefkind im außenpolitischen Engagement der Regierung bezeichnet werden.
Es fehlt an klaren Definitionen von Strategien, Zielen, Kompetenzen und Instrumenten. Es wäre endlich an der Zeit, sich an den zahlreichen positiven Vorbildern zu orientieren, um Österreich nicht als humanitäres Schlusslicht dastehen zu lassen!“

Küberl: „Die österreichische Bundesregierung überlässt viele tausend Menschen ihrem Elend“

„Derzeit hungern weltweit über eine Milliarde Menschen. Das sind so viele wie noch nie zuvor. Und Ös-terreich reagiert auf diese dramatische Entwicklung, indem es das schon bisher peinlich geringe Entwicklungshilfebudget weiter kürzt. Damit überlässt die österreichische Bundesregierung nicht nur viele tausend Menschen sehenden Auges ihrem Elend, sondern trägt auch das ihre dazu bei, das Millenniumsziel der weltweiten Halbierung der Armut bis zum St. Nimmerleinstag zu verschieben“, betont Caritas-Präsident Franz Küberl.
Die menschlichen Kosten der derzeit im Raum stehenden, stufenweisen Kürzungen der Entwick-lungshilfemittel seien nicht zu verantworten, argumentiert Küberl. So ist insgesamt für 2014 bereits ein Minus von mindestens elf Prozent zu befürchten. Küberl: “Wenn wir als Caritas um elf Prozent weniger EZA-Förderungen bekämen, hieße das, dass wir beispielsweise in Burkina Faso tausende Bauern dem Hunger überlassen müssten und sich tausende Menschen nicht mit unserer Hilfe vor Malaria schützen könnten.“ Der Caritas-Präsident appelliert an die Bundesregierung, sich an die gemachten Versprechen zu erinnern und die EZA-Mittel nicht zu reduzieren sondern aufzustocken: „Wir dürfen nicht diejenigen die Kosten für die Wirtschaftskrise zahlen lassen, die sie am wenigsten verursacht haben und ohnehin schon mit dem Rücken zur Wand stehen“.

Wagner-Hager: „Österreich darf sich nicht aus internationaler Verantwortung ziehen“

„Die Ärmsten der Armen im Stich zu lassen, kann sich Österreich nicht leisten“, erklärt die Geschäftsfüh-rerin von CARE Österreich, Andrea Wagner-Hager. „Die Regierung kann sich nicht mit massiven Kürzun-gen aus der internationalen Verantwortung ziehen.“ Wagner-Hager macht dabei vor allem auf die Versprechen Österreichs in Zusammenhang mit den Millenniumsentwicklungszielen aufmerksam: „Es bleiben nur noch fünf Jahre, um die Ziele, die allen voran ein klares Bekenntnis gegen die Armut beinhalten, in die Tat um zusetzen. Allein aber durch die Krise sind an die 100 Millionen Menschen mehr in bittere Armut abgerutscht. Mit den bereits fehlenden 378 Millionen Euro aus Österreich hätten an die 200.000 Frauen durch eine bessere Ausbildung der Armutsfalle entrinnen können. Bei den ärmsten Men-schen der Welt zu sparen heißt, ihnen jede Perspektive auf eine bessere Zukunft und ein selbstbestimmtes Leben zu nehmen.“

Fischler: „Entwicklungshilfe ist internationale Verpflichtung sowie Frage der Solidarität und Glaubwürdigkeit“

„Die österreichische Regierung war mit den höchsten Kürzungen bei der Entwicklungshilfe innerhalb der OECD nicht nur 2009 unrühmliche Spitze, sondern ist bereits seit Jahrzehnten notorischer Wenigzahler und damit im Widerspruch zu gegebenen Versprechen“, kritisiert Franz Fischler, langjähriger EU-Kommissar und Präsident des Ökosozialen Forums. „In den vergangen 30 Jahren sind wir den Armen der Welt über 30 Mrd. US-Dollar schuldig geblieben“, so Fischler weiter. Es passe nicht zusammen, sich einerseits für einen Sitz beim UN-Menschenrechtsrat zu bewerben, wie es Österreich gerade tut, und andererseits alljährlich bei der Entwicklungshilfe säumig zu sein! Nur mit einem ambitionierten Stufenplan, der Österreich endlich zum verlässlichen und glaubwürdigen Partner für die Menschen in den ärmsten Ländern der Welt werden lässt, können die Entwicklungshilfe-Ziele bis 2015 erreicht werden.“

 

Josef Hader: „Die Angst der Politiker, menschliche Positionen zu vertreten“

„Das Problem, wieso die Regierung immer wieder bei der internationalen Armutsbekämpfung kürzt, hat seinen Grund leider darin, dass es dabei um Menschen geht, die keine potentiellen Wähler sind. Leider beherrscht die Politiker die Angst, menschliche Positionen zu vertreten und Verantwortung für Menschen zu übernehmen, die nicht ihre Wähler sind. Was vom Wähler hier aber am meisten bestraft wird: Indiffe-renz und Feigheit!“

 

 

 

Statements der SprecherInnen (Langversion):

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