Die Mitteilung stellt die bisher bestehenden OECD-Kriterien über die Anrechenbarkeit von EZA-Leistungen in Frage. Die NRO tun das seit geraumer Zeit, die Kriterien bedürfen tatsächlich einer Überarbeitung. Die von der Kommission vorgeschlagene Änderung ist aber fatal: Künftig sollen sämtliche Geldflüsse vom Norden in den Süden wie ausländische Direktinvestitionen, private Kredite, Exportkredite sowie die Rücküberweisungen von in EU-Ländern arbeitenden MigrantInnen in die ODA (official development assistance) mit eingerechnet werden. Die tatsächlich für EZA zur Verfügung stehenden Mittel könnten aufgrund dessen stark reduziert werden bzw. stagnieren, ohne die ODA-Zahlen, die aufzeigen, inwiefern die Geberländer ihren international abgegebenen Verpflichtungen nachkommen (0,7 Prozent des BNE für EZA), geringer erscheinen zu lassen.

Mehr Geldflüsse vom Süden in den Norden als umgekehrt

Bei dieser Rechnung vergisst die Kommission neben ihrer internationalen Verantwortung vor allem auf eines: Wer sämtliche Geldflüsse vom Norden in den Süden berücksichtigen will, darf auch jene Gelder, die umgekehrt fließen, nicht ignorieren. Und das wäre für die EU-Länder ein schlechtes Geschäft: Längst ist bekannt, dass die Entwicklungsländer via Gewinntransfers von Unternehmen, Kredittilgungen und sonstige Zahlungen weitaus mehr an die Industrieländer abgeben, als diese in Form von EZA-Leistungen zur Verfügung stellen.

Synergieeffekte in einzelnen Bereichen anstelle eines ganzheitlichen Ansatzes

Auch was Kohärenz betrifft, droht – bei Implementierung des „whole-of-union“-Konzeptes – eine drastische Verschlechterung. Der bisherige Kurs der EU darf in diesem Bereich, zumindest was die ambitionierten Ziele auf dem Papier angeht, als fortschrittlich angesehen werden. Der Kommissionsvorschlag sieht nun eine Einschränkung der Maßnahmen zur Förderung kohärenten Vorgehens auf fünf Themenbereiche vor (Klimawandel, Ernährungssicherheit, Migration, TRIPS – geistige Eigentumsrechte, Sicherheit). Größere Anstrengungen in diesen Sektoren sind durchaus wünschenswert, die Beibehaltung eines breiten Ansatzes ist im Bereich Kohärenz aber ausschlaggebend für den Erfolg.

Anliegen der EU-Länder stehen im Mittelpunkt

Weiters deutet die Prioritätensetzung darauf hin, dass die EU weniger die Anliegen der Entwicklungsländer als die der Mitgliedsländer selbst im Auge hat. Es handelt sich ausschließlich um Themen, die auf der EU-Agenda ganz oben stehen. Im Zusammenhang mit EZA erscheint vor allem die Wahl von TRIPS (Trade Related Aspects on Intellectual Property Rights) als Schwerpunkt wenig nachvollziehbar – denn gerade dieses Konzept sollte laut UNCTAD grundlegend überdacht werden, da es den Technologietransfer, der zur Bekämpfung des Klimawandels nötig ist, massiv behindert.

Für die Entwicklung tatsächlich relevante Politikbereiche wie Landwirtschaft, internationaler Handel und die Regulierung der Finanzmärkte fehlen gänzlich. Das Bestreben der Kommission läuft darauf hinaus, Synergieeffekte in den fünf genannten Bereichen zu fördern, nicht aber Entscheidungen, die in anderen  Ministerien gefällt werden, mit den Zielen der EZA abzustimmen. Wird die Mitteilung von Rat und Parlament angenommen, bedeutet das einen großen Rückschritt auf dem Weg zu einer gerechteren Welt.