Als Reaktion auf die Corona-Pandemie hat der Internationale Währungsfonds (IWF) am 23. August 2021 seine Sonderziehungsrechte (Special Drawing Rights, SDR) um USD 650 Mrd. aufgestockt. Mit diesem historischen Schritt stellt der IWF der internationalen Staatengemeinschaft zusätzliche Liquidität für die Bekämpfung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie zur Verfügung.

Die Verteilung der Sonderziehungsrechte erfolgt im Verhältnis zur IWF-Quote und relativen Wirtschaftskraft der Länder. Das führt paradoxerweise dazu, dass einkommensschwache Länder, die diese Finanzspritze am dringendsten benötigen würden, am wenigsten bekommen. So erhielten jene 70 Länder, die vom IWF als Länder mit niedrigem Einkommen eingestuft werden, insgesamt lediglich SDR im Wert von USD 21 Mrd. Zum Vergleich: Österreich alleine erhielt SDR im Wert von USD 5,37 Mrd.

Der IWF ermutigt einkommensstärkere Länder dazu, einen Teil der ihnen zugesprochenen SDR an einkommensschwächere Länder zu übertragen. Die G-7 hat bereits ihre Bereitschaft signalisiert und das Ziel ausgegeben, dass einkommensstärkere Länder SDR im Wert von USD 100 Mrd. an einkommensschwächere Länder umverteilen sollen.

Prinzipien für eine gerechte Umverteilung

Zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich seit Ausbruch der Krise für eine Erhöhung der Sonderziehungsrechte eingesetzt. Sie begrüßen die Ausgabe von SDR, da sie finanziellen Spielraum schaffen, ohne zu einer Erhöhung des Schuldenstands der Empfängerländer zu führen und ihre Verwendung an keine Konditionen gebunden ist.

Es gibt jedoch Bedenken, dass bei einer Umverteilung diese positiven Attribute nicht mehr gelten könnten, weil die Geberländer die Weitergabe an Konditionen knüpfen. In einem offenen Brief an den IWF, die G20 und Zentralbanken haben 250 zivilgesellschaftliche Organisationen gemeinsam mit Wissenschafter*innen Prinzipien für eine gerechte Umverteilung der SDR formuliert. Die AG Globale Verantwortung hat den Brief unterzeichnet.  

Die Übertragung von SDR an einkommensschwächere Länder sollte…

  1. zu keiner Erhöhung des Schuldenstands der Empfängerländer führen. Zuschussbasierte Finanzierungen (grants) sind daher ideal. Kredite sollten mit größtmöglicher Konzessionalität vergeben werden (concessional loans mit einem Zinssatz von Null und langen Laufzeiten).  
  2. an keine Konditionalitäten geknüpft sein (weder direkt noch indirekt). Konditionalitäten kosten wertvolle Zeit, da sie Verhandlungen verzögern, und sie können manche Länder überhaupt von dieser Finanzierungsmöglichkeit ausschließen. Auch können Konditionalitäten die Empfängerländer dazu zwingen, einschneidende Sparmaßnahmen (austerity measures) zu setzen.
  3. auch an Länder mit mittleren Einkommen erfolgen. Diese sind von vielen bestehenden Schuldenerleichterungsmaßnahmen und Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Sie sind aber ebenso von den Folgen der Pandemie betroffen und von Überschuldung bedroht.
  4. von Maßnahmen begleitet werden, die Transparenz und Rechenschaftspflichten sicherstellen.
  5. zusätzlich zur bestehenden Official Development Assistance (ODA) geschehen und diese nicht ersetzen. Lediglich Zuschüsse an Länder mit niedrigem Einkommen sollten ODA-anrechenbar sein.
  6. prioritär für einer Ausweitung von Zuschussprogrammen verwendet werden, die öffentliche Dienstleistungen, Arbeitskräfte im öffentlichen Gesundheits- und Bildungssektor und soziale Sicherungssysteme fördern. Ebenso könnten Zuschüsse eingesetzt werden, um wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten zu bekämpfen und Klimagerechtigkeit zu fördern.

Sonderziehungsrechte sind ein internationales Reserveguthaben, das vom IWF ausgegeben wird um die Liquidität des internationalen Finanzsystems zu erhöhen. Stockt der IWF den Bestand an SDR auf, erhöhen sich die Währungsreserven aller IWF-Mitgliedsstaaten und damit auch deren finanzieller Spielraum. Die Empfängerländern können SDR in harte Währungen tauschen und sind bei der Verwendung der SDR an keine Konditionen gebunden. SDR sind keine Kredite, d.h. sie müssen nicht zurückbezahlt werden.


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(ir)