Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
(September 2011) Bereits 2001 einigten sich Geberländer darauf, EZA-Gelder nicht mehr mit Lieferbindungen zu versehen zumindest wenn es um Unterstützung für die am wenigsten entwickelten Länder geht (LDC). Mehr als zehn Jahre sowie etliche Dokumente (u.a. Pariser Erklärung und Accra Agenda for Action) später, analysierte Eurodad, was aus dem Versprechen geworden ist. Fazit: der Anteil an gebundener EZA ist immer noch hoch vor allem wenn man einen zweiten Blick auf die internationalen EZA-Ausgaben riskiert.
Geberländer machen ihre Unterstützung oftmals von Lieferbindungen abhängig, d.h. Empfängerländer verpflichten sich, die erhaltenen finanziellen Ressourcen für den Ankauf von Waren oder Services aus dem Geberland zu verwenden. So landen laut Eurodad-Kalkultationen rund 70 Milliarden US Dollar, mehr als 50 Prozent der globalen Gesamt-ODA, außerhalb des Empfängerlandes, anstatt die regionale Wertschöpfung voran zu treiben. Ein Großteil davon in der ohnehin gut entwickelten Wirtschaft der OECD-Ländern.Weniger offiziell ‚gebundene‘ EZADie Quote von EZA-Geldern, die an Lieferbindungen geknüpft sind, hat zwar abgenommen zumindest auf den ersten Blick ist mit rund 20 Prozent offiziell gebundener ODA aber immer noch viel zu hoch. Vor allem wenn man bedenkt, dass jene Projekte, die durch tied aid finanziert werden zwischen 15 und 40 Prozent teurer sind als Projekte und Programme, die ohne Lieferbindungen auskommen, so die Eurodad-Studie. Schließlich werden Regierungen mitunter dazu gezwungen, Unternehmen den Zuschlag zu erteilen, die weder Bestbieter sind noch die Ideallösung für die gestellte Aufgabe anbieten.
Das Prinzip ownership der Partnerländer, das in der Pariser Erklärung niedergeschrieben ist und vor allem im Vorfeld der High Level Konferenz Busan Ende 2011 von den beteiligten (auch Geber-) Regierungen immer wieder beschworen wird, wird durch diese Praxis freilich vollkommen ausgehebelt. Und auch das Prinzip alignment, also die Anpassung an die Systeme der Partnerländer, u.a. an Beschaffungssysteme und Ausschreibungsmodalitäten, wird damit untergraben.
Ausschreibungen – wie für den Norden gemacht!Neben der offiziell gebundenen Hilfe, die Ländern vorschreibt, bei wem und wo sie einkaufen müssen, offenbart sich auf den zweiten Blick die gängige Praxis der Geberländer, ihre Ausschreibungsverfahren so anzulegen, dass Entwicklungsländer kaum zum Zug kommen. Rund 60 Prozent der offiziell ungebundenen Hilfe gehen retour in OECD-Länder. Wiederum 60 Prozent landen bei Wirtschaftstreibenden aus den Geberländern selbst. Aus dem Geber- wird das Empfängerland. Die Weltbank schneidet zwar etwas besser ab, finanziert mit ihren Projekten aber immer noch zur Hälfte Wirtschaftstreibende aus anderen Ländern je höher die Vertragssumme, desto häufiger kommen ausländische Firmen zum Zug.
Die Praxis, ODA inoffiziell an Konditionalitäten zu binden, geht Hand in Hand mit dem Weltbank-Dogma des freien Wettbewerbs bei ungleichen Ausgangspositionen können sich Wirtschaftstreibende aus Entwicklungsländern da kaum behaupten. Gerade in diesen Ländern wäre der Aufbau einer stabilen, regionalen Wirtschaft; die Schaffung von Arbeitsplätzen, die menschenwürdiges Leben erlauben; der Zugang zu Lebensmitteln und anderen Waren und Services, etc. aber besonders wichtig.
Forderung für Busan: „Untie Aid!“Beim HLF IV in Busan, bei dem Ende das Jahres die Wirksamkeit von EZA zwischen RegierungsvertreterInnen aus Nord und Süd, multilateralen Institutionen und NRO verhandelt wird, bringen die NRO erneut die dringende Forderung ein, diese gängige Praxis zu reformieren, um die Wirksamkeit von EZA zu verbessern. Möglichkeiten, wie man es besser machen kann, werden im Bericht aufgezeigt. Beispielsweise bezieht das World Food Programme viele Ressourcen von KleinerzeugerInnen und verbindet den Ankauf mit der Förderung ländlicher Entwicklung.