Seit 2015 hat das Business & Human Rights Resource Center  2448 Angriffe auf MenschenrechtsverteidigerInnen dokumentiert, die in vielen Fällen tödlich enden. MenschenrechtsverteidigerInnen sind GewerkschafterInnen, die sich für Arbeitsrechte einsetzen, Mitglieder von Gemeinden, die sich gegen Landraub und die Verschmutzung von Grund und Wasser wehren oder JournalistInnen, die Korruption anprangern. 36% der dokumentierten Angriffe stehen in Verbindung mit dem Rohstoffsektor, der Bergbau, Öl-, Gas- und Kohleabbau einschließt.

Die hohe Zahl an Übergriffen verdeutlicht, dass es dringend rechtlich verbindliche Regeln für Unternehmen auf internationaler Ebene braucht, damit Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen verhindert und effektiv verfolgt werden können.
Auch die COVID-19 Pandemie zeigt, dass freiwillige Leitlinien wie die UN Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte und die OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen zwar wichtig sind, aber nicht ausreichen: Millionen Menschen, die in der Produktion von Gütern beschäftigt waren, wurden gekündigt. Denn transnationale Konzerne hatten Aufträge storniert und weigerten sich, bereits produzierte Ware abzunehmen, wodurch Fabriken vor allem in Ländern des Globalen Südens ihre ArbeiterInnen nicht mehr zahlen konnten. So verloren beispielsweise in Bangladesch hunderttausende ArbeiterInnen der Bekleidungsindustrie Arbeit, weil Unternehmen Aufträge im Wert von rund drei Milliarden US Dollar stornierten.

Wenn Aktivitäten transnationaler Konzerne zu Menschenrechtsverletzungen führen, haben die betroffenen Menschen oft keinen Zugang zu effektiven Rechtsmitteln und können die Verantwortlichen nicht zur Verantwortung ziehen – weder durch das Justizsystem im betroffenen Land des Globalen Südens noch in den Ländern des Globalen Nordens, in denen TNCs ihren Hauptsitz haben. Konzerne schieben die Verantwortung auf Tochterunternehmen ab und sind in vielen Fällen mächtiger als betroffene Staaten, die wiederum von ihren Investitionen abhängig sind.

Daher ist es so wichtig, dass die 6. Verhandlungsrunde Fortschritte für ein starkes Rechtsinstrument bringt. Dieses Jahr diskutieren die Staaten einen überarbeiteten Entwurf des Abkommens, das voraussichtlich Verpflichtungen für Staaten als auch für Unternehmen definieren wird. Es geht unter anderem um die Frage, für welche Unternehmen ein zukünftiger Vertrag gilt. In der überarbeiteten Version wurde festgelegt, dass der Vertrag etwa auch für Staatsunternehmen gelten soll. Auch wurde festgehalten, dass Menschenrechte vor Handels- und Investitionsrecht Vorrang haben, was sehr zu begrüßen ist. Zentral ist auch, dass im Fall einer vermeintlichen Menschenrechtsverletzung Unternehmen Beweise für ihre Verteidigung erbringen sollen, nicht Betroffene, die den Zugang zu vielen Informationen nicht haben.

Die AG Globale Verantwortung unterstützt als Mitglied der österreichischen TNC Treaty Allianz das Anliegen, dass Österreich und die EU sich in den Verhandlungen konstruktiv einbringen und steht dazu seit Jahren mit der Völkerrechtsabteilung im BMEIA im Austausch. In einer Presseaussendung und einer Stellungnahme zu den Verhandlungen bekräftigt die Allianz, wie wichtig das Abkommen ist, um Menschenrechtsverletzungen sowie Umweltschäden entlang globaler Lieferketten zu verhindern und sicherzustellen, dass Unternehmen überall für ihre Aktivitäten Verantwortung übernehmen müssen. Es würde zudem Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen den Zugang zu Rechtsmitteln wesentlich erleichtern.

An den Verhandlungen werden neben VertreterInnen der Regierungen auch zahlreiche AkteurInnen der Zivilgesellschaft teilnehmen – darunter das Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe), Südwind und die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar.


Links

Hier können die Verhandlungen live verfolgt werden.

Presseaussendung der TNC Treaty Allianz

Presseaussendung von Südwind

Presseaussendung der Dreikönigsaktion

Blog des Business & Human Rights Resource Center zu den Verhandlungen

ESCR-Net Advocacy Paper on the Second Revised Draft Treaty


Eine derzeit laufende Kampagne der TNC Treaty Allianz in den sozialen Medien unter dem Titel „Menschenrechte brauchen Gesetze! – Damit Lieferketten nicht verletzen“ zielt darauf ab, eine verbindliche Regulierung von Unternehmen zu erreichen. Sie fordert neben der Unterstützung Österreichs für das Abkommen auf UN-Ebene auch die Unterstützung einer Initiative von EU-Kommissar Didier Reynders für eine EU-Rechtsvorschrift sowie ein neues entsprechendes Gesetz in Österreich.

(sv)