Dreieinhalb Stunden dauerte die Universelle Menschenrechtsprüfung (Universal Periodic Review – UPR) Österreichs in Genf (siehe Video). Beim UPR wird jeder Staat alle 4,5 Jahre auf die Erfüllung aller menschenrechtlichen Pflichten laut Völkerrecht geprüft. Im Unterschied zu Prüfungen zu spezifischen Menschenrechtsverträgen durch die zuständigen UN-Ausschüsse, die mit ExpertInnen besetzt sind, beurteilen sich beim UPR die UN-Staaten gegenseitig.

Grundlage für die Prüfung waren der Staatenbericht Österreichs sowie Informationen der UN-Institutionen und der Zivilgesellschaft. Zu Beginn erstattete die österreichische Delegation, angeführt von Justizminister Brandstetter, Bericht – vor allem auch zur Frage, ob die Empfehlungen des ersten UPR 2011 (Nr. 93.33 zur EZA) erfüllt wurden – und antwortete auf Fragen und Empfehlungen von über 100 StaatenvertreterInnen. Für Österreich sprachen ausschließlich Männer – unter den heißen Themen der Prüfung war dann auch die fehlende Gleichberechtigung von Frauen. Oft kritisiert wurden auch die Situation von Flüchtlingen und MigrantInnen sowie die Zunahme von Rassismus und Verhetzung in Österreich.

Extraterritoriale Staatenpflichten nicht erfüllt
Österreich ist jedoch nicht nur für die Erfüllung der Menschenrechte in Österreich verantwortlich, sondern hat auch sogenannte extraterritoriale Pflichten gegenüber Menschen in anderen Ländern. Gemäß UN-Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte (WSK-Pakt, § Para 2: 1) ist Österreich zum Beispiel verpflichtet, durch internationale Hilfe und Zusammenarbeit unter Ausschöpfung aller seiner Möglichkeiten die Verwirklichung dieser Rechte (u.a. des Rechts auf Nahrung, würdige Arbeitsbedingungen, Bildung) voranzutreiben. Die AG Globale Verantwortung kam in ihrem Bericht, den sie vor dem UPR einreichte, zum Schluss, dass Österreich seine menschenrechtlichen Pflichten in der Entwicklungspolitik nicht zufriedenstellend erfüllt. Denn: Es werden nicht ausreichend finanzielle Mittel eingesetzt, es bestehen Mängel in Struktur, Koordinierung und Kohärenz von EZA und Humanitärer Hilfe, der menschenrechtsbasierte Ansatz wird nicht durchgehend in allen Aktivitäten der öffentlichen EZA umgesetzt und Politikkohärenz im Interesse von Entwicklung wird nicht sichergestellt (u.a. mangelnde Regulierung der Tätigkeiten österreichischer Unternehmen im Ausland).

Konkrete Empfehlungen an Österreichs Entwicklungspolitik
Die AG Globale Verantwortung machte eine Reihe von Staaten auf diese Themen aufmerksam und schlug vor, sie beim UPR Österreichs zu thematisieren. Erfreulicherweise haben viele das auch getan – im Jahr 2011 hatte es nur eine Empfehlung zur EZA gegeben. Dieses Mal forderten Bangladesch, Benin, China, Senegal und Uganda Österreich auf, die ODA-Quote endlich auf 0,7% des BNE zu erhöhen. Trinidad und Tobago empfahl, den Menschenrechtsansatz in den Projekten der EZA anzuwenden. Laut Palästina soll Österreich seine Aufsicht über negative Auswirkungen von Tätigkeiten österreichischer Unternehmen im Ausland verbessern. Neun Staaten empfahlen, das Zusatzprotokoll zum WSK-Pakt zu ratifizieren, wodurch Beschwerden im Falle von Verletzungen dieser Rechte eingebracht werden könnten. Die letzteren beiden Empfehlungen hat Österreich noch nicht angenommen und wird sie bis März prüfen.

Wie geht es weiter?
Diese Empfehlungen untermauern auf höchster Ebene den Einsatz entwicklungspolitischer NGOs für eine Verbesserung der österreichischen Entwicklungspolitik. Die AG Globale Verantwortung wird in den kommenden Jahren regelmäßig nachfragen, wie die Empfehlungen konkret umgesetzt werden. 2020 wird sich zeigen, ob Österreich als eines der reichsten Länder Welt tatsächlich alles Mögliche getan hat, um mehr Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen.

Weitere Informationen
Allgemeine Information zur Universellen Menschenrechtsprüfung  
Video des 2. UPR Österreichs 
Standard Live-Ticker des 2. UPR Österreichs
Bericht des UN-Menschenrechtsrats zum 2. UPR Österreichs
Schriftliche Beiträge der AG Globale Verantwortung zum 2. UPR Österreichs
Lobbybrief der AG Globale Verantwortung und des Netzwerks Soziale Verantwortung an UN-Mitgliedsstaaten (Beispiel Norwegen)
Bericht zum UPR Österreichs 2011 (siehe Empfehlung 93.33 zur EZA) 

(sv)