Dafür entschärfte der brasilianische Vorsitz seinen Entwurf
auch drastisch. Besonders strittige Punkte wie die Frage der Aufwertung des
UN-Umweltprograms UNEP in eine Organisation oder zeitliche Ziele zur Umsetzung
bestimmter Maßnahmen (z.B. Verdopplung des Anteils erneuerbarer Energien bis
2030 u.ä.) wurden einfach gestrichen.

 

Nichtsdestotrotz sind zahlreiche wichtige Fragen nach wir
vor heiß umstritten. So etwa die Frage, ob zur Umsetzung der UN Konvention für
die hohe See
ein eigenes Abkommen ausverhandelt werden soll – eine zentrale
Forderung vieler Umwelt-NGOs.

 

Das Konzept der Green Economy wird von vielen
Entwicklungsländern nach wie vor kritisiert. Zentrale Forderung ist hier, die
Green Economy wieder stärker der nachhaltigen Entwicklung unterzuordnen und zu
betonen, dass das Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantwortung
für die Umsetzung der Green Economy Anwendung findet.

 

Neu in den Verhandlungsprozess aufgenommen worden ist die
Frage der Finanzierung des Übergangs zur einer Green Economy. Dazu soll nun,
nachdem die G77 am Donnerstag Abend aus Protest darüber den Verhandlungssaal
verlassen haben, ein Financing Framework for Sustainable Development verhandelt
werden. Ob es hier zu finanziellen Verpflichtungen seitens der Industrieländer
im geforderten Ausmaß von US$ 30 Mrd pro Jahre kommen wird, muss vor dem
Hintergrund der weltwirtschaftlichen Krisendynamiken wohl stark bezweifelt
werden. Gleichwohl ist das Argument der Entwicklungsländer, dass die Umsetzung
der Green Economy ohne zusätzliche Finanzierungsinstrumente völlig
unrealistisch ist, nicht von der Hand zu weisen.

 

Bei den Nachhaltigkeitszielen, die ab 2015 die
Milleniumsentwicklungsziele ablösen sollen, wird weniger darüber verhandelt, ob
es diese geben soll oder nicht. Dazu scheint weitgehend Konsens zu herrschen.
Umstritten ist die Definition des Prozesses, der im Anschluss an Rio+20 diese
Ziele konkretisieren soll. Die G-77 insistiert diesbezüglich, dass dieser
ausschließlich von den UN-Mitgliedern zu gestalten sei. Die UN selbst bzw.
andere Akteure wie Wissenschaft und Zivilgesellschaft scheinen möglichst außen
vor gehalten zu werden.

 

Neben dem schleppenden zwischenstaatlichen
Verhandlungsprozess bietet die Konferenz dutzende begleitende Veranstaltungen
zu einer Vielzahl von Umwelt- und Entwicklungsthemen
. Starken Zulauf haben
insbesondere die von Brasilien organisierten Sustainable
Development Dialogues
zu zehn verschiedenen thematischen Bereichen.

 

Hier ist vorgesehen, im Dialog zwischen Wissenschaft und
Zivilgesellschaft zu jedem Themenbereich
drei Vorschläge zu formulieren, die
vordringliche Politikmaßnahmen enthalten und den Staats- und Regierungschefs zu
Umsetzung vorgelegt werden. Über die prioritären Maßnahmen fand im Vorfeld der
Konferenz eine Internet-Abstimmung statt. Bei den Diskussionen selbst konnten
die eingeladenen ExpertInnen und das Saalpublikum ebenfalls abstimmen. Am Ende
wurde dann der meistbefürwortete Vorschlag aus der Internet-Abstimmung bzw. vom
Saalpublikum und ein Konsensvorschlag der eingeladenen ExpertInnen ausgewählt.
Selbstredend sind die Staats- und Regierungschefs an keinen der Vorschläge
gebunden.

 

Die meisten Vorschläge sind durchaus sinnvoll aber recht
allgemein gehalten. Nur wenige enthalten konkrete Zielvorgaben, wie z.B. jener,
bis 2020 150 Mio Hektar an gerodeter Waldflächen wieder aufzuforsten. Es bleibt
daher abzuwarten, was wirklich umgesetzt wird. In den Dialog-Veranstaltungen selbst
kommen aber doch stärker als erwartet kritische Stimmen aus Wissenschaft,
Politik und Zivilgesellschaft zu Wort und bieten daher einen Kontrapunkt zum
wenig erbaulichen Verhandlungsgeschehen.

 

Morgen gibt es dann einen Ortswechsel ins Stadtzentrum zum
Gipfel der Völker, der zivilgesellschaftlichen Parallelveranstaltung zur
offiziellen Konferenz.