Nach innenpolitisch turbulenten Tagen wird am Mittwoch, 13.10.2021, das Regierungsbudget für das kommende Jahr präsentiert. „Das Budget 2022 ist Prüfstein für die vielzitierte Hilfe vor Ort Österreichs. Denn bewaffnete Konflikte, humanitäre Katastrophen wie in Afghanistan, die Folgen der COVID-19-Pandemie, Klimakrise und Armut sind die großen Herausforderungen unserer Zeit. Sie verlangen nach mehr finanziellen Mitteln, gerade auch in Österreich, wo die Hilfe vor Ort vergleichsweise gering ist. Angesichts dessen ist es ein Gebot der Stunde, dass die Regierung, wie im Regierungsprogramm vereinbart, das Budget für Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit entsprechend erhöht“, erinnert Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, die Koalitionspartner an ihr Übereinkommen.

Bekämpfung weltweiter Krisen ist im Interesse Österreichs

„COVID-19 wirkt wie ein Brandbeschleuniger auf bestehende Herausforderungen und macht viele Errungenschaften nachhaltiger Entwicklung zunichte. Laut UNO und Weltbank wird die Zahl der Menschen, die als extrem gilt – also Menschen, die von unter 1,60 Euro pro Tag leben müssen – durch COVID-19 auf über eine Milliarde wachsen. Mehr als zwei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auch diese Zahl wird durch die Auswirkungen der Klimakrise, etwa durch immer stärkere Dürren, steigen. Es ist letztlich in unserem eigenen Interesse, den Teufelskreis aus Armut, Hunger und Gewalt, der von diesen Krisen befeuert wird, endlich zu durchbrechen und Länder zu stabilisieren“, erklärt Vilim, weshalb es eine gemeinsame Kraftanstrengung der Staatengemeinschaft brauche, und ergänzt: „Diese Krisen können wir nur gemeinsam und weltweit besiegen. Das hat uns auch COVID-19 gezeigt. Es reicht nicht mehr lediglich Schaden zu begrenzen. Es gilt beispielsweise Gesundheitssysteme oder, im Kontext der Klimakrise, Katastrophenvorsorge auszubauen, vor allem für Menschen in den ärmsten Ländern der Welt.“

Österreichs Hilfe vor Ort ist kein Ruhmesblatt

„Doch leider sind Österreichs Ausgaben für Hilfe vor Ort, also für Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit, nach wie vor sehr niedrig. Deutschland oder die skandinavischen Staaten leisten weit höhere Beiträge“, bringt Vilim die bestehende Schieflage auf den Punkt und nennt Beispiele: „Österreich ist mit 0,29% des Bruttonationaleinkommens (BNE) weit vom international vereinbarten Ziel, 0,7% des BNE für Hilfe vor Ort zur Verfügung zu stellen, entfernt. Deutschland erreicht 0,73%, Norwegen 1,1%“. Laut OECD sei Österreich auch bei der Humanitären Hilfe – trotz Erhöhungen – mit rund 50 Mio. Euro im Jahr 2020 weit abgeschlagen: Das entspräche 5,6 Euro pro Einwohner*in, während Dänemark pro Kopf zehn Mal und Schweden acht Mal mehr für Humanitäre Hilfe bereitgestellt hätten.

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„Österreichs Beiträge an internationale Institutionen sind ebenfalls kein Ruhmesblatt. So stellte die Regierung 2020 dem UNHCR rund 10 Mio. US-Dollar zur Verfügung, Dänemark 97 Mio. und Schweden 125 Mio. US-Dollar. Die Zahlungen an das World Food Programme (WFP) in Höhe von 4,5 Mio. US-Dollar im Jahr 2020 bescherten Österreich nur Rang 37 der Geberländer – hinter Staaten wie Mosambik oder Bangladesch. Dänemark unterstützte das WFP mit 56 Mio. und Schweden mit 196 Mio. US-Dollar“, zeigt Vilim auf. Abschließend appelliert sie an die Regierung: „Angesichts der großen Herausforderungen ist es wahrlich an der Zeit, dass die Bundesregierung ihr eigenes Regierungsprogramm umsetzt und mit mehr Hilfe vor Ort zu einem menschenwürdigen, guten Leben für alle auf einem gesunden Planeten beiträgt. Das Budget 2022 ist ein Lackmustest dafür“.


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Faktencheck (aktualisierte Version vom 07.10.2021): Hintergrundinformationen zu Österreichs Hilfe vor Ort

(hh)