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Aktuelle Analysen zeigen, dass die durch das Coronavirus verursachten sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen mehr als eine halbe Milliarde Menschen in Armut treiben könnten, sofern keine umgehenden Maßnahmen ergriffen werden. Die COVID-19-Pandemie betreffe uns alle, auch prominente und wohlhabende Personen. Trotzdem endet die Gleichheit an dieser Stelle. Durch die Vergrößerung der extremen Ungleichheiten zwischen reichen und armen Menschen, reichen und armen Nationen sowie zwischen Frauen und Männern werde die COVID-19-Pandemie, wenn sie nicht kontrolliert wird, immenses Leid und Unrecht verursachen. Nur indem sich alle AkteurInnen zusammenschließen, könne dies verhindert werden.

Länder des Globalen Südens bzw. sogenannte Entwicklungsländer müssen handeln, um ihre Bevölkerung zu schützen und von reicheren Nationen Maßnahmen einfordern, um sie dabei zu unterstützen. Die Regierungen der reichen Länder müssen ihre Hilfe – angeführt von den G20 – bedeutend verbessern. Der OXFAM Report legt einen wirtschaftlichen Rettungsplan für alle dar, der dem Ausmaß der sogenannten COVID-19-Krise gerecht wird und mindestens 2,5 Billionen US-Dollar mobilisiert, um die Pandemie zu bekämpfen und den Zusammenbruch der Weltwirtschaft zu verhindern. Dabei geht es darum, Menschen direkt zu helfen und Geldzuschüsse zu gewähren. Eine sofortige Aussetzung der Schuldenzahlungen ärmerer Länder in Verbindung mit einem einmaligen wirtschaftlichen Anreiz des Internationalen Währungsfond (IWF) und einer Erhöhung der Beihilfen und Steuern könnten als Lösung hierfür dienen.

Aufgrund der COVID-19-Pandemie erfährt jedes Land weltweit soziale und ökonomische Folgen und demnach müssen alle Staaten und Regierungen Maßnahmen ergreifen, um ihre Bevölkerungen vor Armut zu bewahren. Schätzungen zufolge könnte die globale Armut erstmalig seit 1990 zunehmen und je nach definierter Armutsgrenze eine Umkehrung der weltweiten Fortschritte bei der Armutsbekämpfung bedeuten. In einigen Regionen könnten die nachteiligen Auswirkungen zu einer ähnlichen Armut führen wie vor 30 Jahren. Unter dem schwerwiegendsten Szenario eines Einkommensrückgangs um 20% könnte die Zahl der in Armut lebenden Menschen von 434 bis 611 Millionen ansteigen.

Weltweit werden Millionen von ArbeitnehmerInnen nach Hause geschickt, wenn Unternehmen schließen müssen. Rund zwei Milliarden Menschen arbeiten im informellen Sektor ohne Zugang zu Krankengeldern bzw. Versorgung. Informelle Arbeit mache 90% der Beschäftigung in Entwicklungsländern (mit niedrigem Einkommen) aus, 67% in Schwellenländern (mit mittlerem Einkommen) und 18% in Industrieländern (mit hohem Einkommen) aus. Nach Angaben der ILO (International Labour Organization; Sonderorganisation der Vereinten Nationen) beträgt die Rate des informellen Sektors in Lateinamerika und der Karibik 53%, was bedeutet, dass fast 140 Millionen ArbeitnehmerInnen unter informellen Bedingungen beschäftigt sind. In einigen der ärmsten Ländern sind rund 92% der ArbeitnehmerInnen informell beschäftigt.

Der vorgeschlagene Rettungsplan aus dem OXFAM Report sieht sechs Maßnahmen vor. Diese enthalten einerseits Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen und Unternehmen, die jetzt benötigt werden. Darunter fallen z.B. Geldzuschüsse für alle, die sie benötigen, Unternehmen müssen verantwortungsbewusst gerettet werden mit Vorrang auf kleinere Unternehmen, die weniger in der Lage sind die Krise zu bewältigen. Hinzu sieht der Bericht Maßnahmen zur Bezahlung dieser Unterstützung vor. Beispielsweise ein Aussetzen bzw. Stornieren von Schulden insbesondere für Entwicklungsländer. Der IWF sollte als einmaligen globalen Wirtschaftsimpuls 1 Billion US-Dollar an Sonderziehungsrechten (SZR) (Special Drawing Rights; SDRs) ausgeben. Hinzu sollten die reicheren Nationen die Hilfe zur Unterstützung ärmerer Nationen unverzüglich erhöhen und ihre Verpflichtung von 0,7% des BNE (Bruttonationaleinkommens)jetzt erfüllen, unter anderem indem sie ihren gerechten Anteil am globalen humanitären COVID-19-Reaktionsplan COVID-19 einhalten. Des Weiteren sollte es eine Verabschiedung von Solidaritätssteuern für Notfälle geben. Das heißt, so viel Umsatz zu mobilisieren, indem außergewöhnliche Gewinne, die die reichsten Personen, spekulative Finanzprodukte und Aktivitäten besteuert/ versteuert werden, die sich negativ auf die Umwelt auswirken.

Ebenfalls droht die COVID-19-Pandemie, die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zu vergrößern. Obwohl das Virus Männer häufiger zu betreffen scheint als Frauen, werden Frauen auf andere Weise vermehrt leiden. Rund 70% des weltweiten Gesundheitspersonals, welches am stärksten von COVID-19 betroffen ist, sind Frauen. Diese Belastung, die angesichts der aktuellen Situation bzw. den Einschränkungen entsteht, zu Hause zu bleiben, nimmt exponentiell zu, so OXFAM. Die Reduzierung von Kinderbetreuung und Pflege älterer Menschen sowie Einschränkungen des öffentlichen Gesundheitssystems führen dazu, dass immer mehr Frauen zu Hause bleiben müssen. Oftmals handelt es sich dabei um ein Zuhause, das nicht sicher ist, was dazu führt, dass Frauen und Mädchen vermehrt sexueller und häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, heißt es im Bericht. Beispielsweise hat sich die Zahl häuslicher Gewalt in einer Provinz Chinas verdoppelt. Dieses Muster lässt sich auf die Länder ganzen Welt übertragen.

Nicht nur den reicheren Ländern und Menschen sollten Hilfsmaßnahmen zugesichert werden, sondern auch den ärmeren und vulnerablen Bevölkerungsteilen dieser Welt.

Die Reaktionsmaßnahmen der Regierungen sollten auch die Gruppen berücksichtigen, die bei öffentlichen Entscheidungen häufig vernachlässigt werden, jedoch aufgrund ihrer Lebensbedingungen und der Auswirkungen der sozialen Marginalisierung besonders gefährdet sein könnten. Hierzu werden im Bericht beispielsweise MigrantInnen, Schutzsuchende, ethnische Minderheiten, Kinder und alte Menschen, Inhaftierte, LGBTQIA+ -Personen und Menschen mit Behinderungen benannt.

Um auf die globalen sozialen und wirtschaftlichen Folgen zu reagieren, schlägt OXFAM vor, dass dringend ein wirtschaftlicher Rettungsplan für alle benötigt wird. Der Plan sieht zunächst Maßnahmen vor, die zur Unterstützung von Menschen und Unternehmen erforderlich sind, und dann Möglichkeiten, wie Geld bereitgestellt werden kann, um diese Maßnahmen zu finanzieren.

Links:

Report OXFAM – Dignity not Destitution

OXFAM International

(sa)