© Greenpeace/ John Novis

Ein weniger bekannter Geschäftsbereich des Weltkonzerns befasst sich mit der Entwicklung von High-Tech-Saatgut. Friedrich Berschauer, Vorstandsvorsitzender der Bayer CropScience AG, stellt ganz richtig fest: „Die weltweite Sicherung der Nahrungsmittelversorgung ist eine der schwierigsten Aufgaben unserer Zeit.“ Aber ist die Verbreitung von genmanipuliertem Saatgut tatsächlich der Weg zur globalen Ernährungssicherheit?

Eine „Grüne Revolution“ ist genug!

Bereits in den 60er Jahren wurde unter dem Stichwort „Grüne Revolution“ hochgezüchetes Saatgut als Weg aus Hunger und Armut propagiert – in der Zwischenzeit ist klar, dass dieser Weg eine Sackgasse war. Die Flächenproduktivität konnte anfangs tatsächlich gesteigert werden, erforderte allerdings massiven Einsatz von Pflanzenschutz, Dünger und Bewässerung. Für viele Kleinbauern und –bäuerinnen begann dadurch ein Teufelskreis der Verschuldung: Sie kauften Saatgut, Düngemittel und Pestizide auf Kredit – Ernteerträge, die schließlich doch hinter den Versprechungen zurückblieben, machten die Rückzahlungen unmöglich. Da moderne Hybridsorten nicht aussaatfähig sind, müssen Bäuerinnen und Bauern jedes Jahr neues Saatgut kaufen. Lokal angepasste Sorten, die in vielen Fällen ertragreicher als die modernen Turbosorten waren, wurden zum großen Teil verdrängt: Während auf den Philippinen früher 3.000 verschiedene Reissorten angebaut wurden, wachsen jetzt auf 80 Prozent der Anbaufläche nur mehr fünf.

Gentechnik als Lösung?

Gentechnik-BefürworterInnen rufen derweil bereits nach einer zweiten Grünen Revolution – gentechnisch manipulierte Nahrungsmittel wie der genannte Liberty Reis sollen das globale Ernährungsproblem lösen. Eine kürzlich veröffentlichte Studie belegt das Gegenteil: Gentechnisch manipuliertes Saatgut hat in den letzten 13 Jahren in den USA keine merkbare Ertragssteigerung gebracht.
Stattdessen zerstören die für den Anbau von genetisch verändertem Saatgut notwendigen Monokulturen traditionelle Anbau- und Arbeitsweisen. Der in kleinbäuerlichen Familienbetrieben übliche Mischanbau wird dadurch unmöglich – und somit wird einerseits den bäuerlichen Familien die Grundlage für eine ausgewogene Ernährung genommen. Andererseits wird die Artenvielfalt, die gerade bei Schädlingsbefall und Dürre einen wichtigen Schutz vor völligem Ernteausfall bildet, zerstört.

Gegen giftiges Herbizid resistenter Reis

Bayer will nun eine neue Gentech-Reissorte mit der Bezeichnung LL62 auf den Markt bringen. Der Reis ist gegen das hochgiftige Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat, das ebenfalls von Bayer produziert wird und unter dem Namen „Liberty“ vermarktet wird, resistent. Das Totalherbizid ist so giftig, dass eine Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission es als „besondere Gefahr für das ungeborene Kind“ sowie als „Gefahr für die Fruchtbarkeit“ einstuft. Auch für Kleinkinder stellen Rückstände von Glufosinat in Lebensmitteln laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein akutes Risiko dar. Die sozioökonomischen Folgen der Verbreitung von LL62 wurden nicht untersucht – da Glufosinat eines von 22 in ganz Europa verbotenen Herbiziden ist, darf LL62 auf europäischem Boden ohnehin nicht angebaut werden. Bayer plant den umstrittenen Genreis vor allem in Asien anzubauen.

Cui bono?

Die proklamierten Vorteile von gentechnisch verändertem Saatgut für Länder des Südens dürfen aufgrund der bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse bezweifelt werden. Abgesehen davon, dass gentechnisch veränderte Saatgut-Sorten aufgrund der bereits genannten Folgen – Ausbreitung von Monokulturen, Vernichtung von Artenvielfalt und traditionellen Anbaumethoden, Verschuldung von Kleinbauern und –bäuerinnen – ohnehin abzulehnen ist, bliebe im Falle einer Zulassung die Frage nach dem Umgang mit den für den Anbau nötigen Lizenzen offen. Die Bereitschaft von Bayer, die Lizenzen kostenlos an kleinbäuerliche Betriebe in Entwicklungsländern zu vergeben muss wohl als unrealistisch angesehen werden.

Am 15. Mai soll der ständige Ausschuss der EU über die Zulassung von LL62 für den europäischen Markt entscheiden. Zum Protest dagegen ruft Greenpeace CEE auf ihrer Website auf.

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