Aktuelle Entwicklungen auf EU-Ebene:

_________________________________________________________________________


Entscheidungen in einem einzelnen Politikbereich können nicht isoliert gefällt werden, da sie unweigerlich Auswirkungen auf andere Politikfelder haben. Entwicklungspolitische Kohärenz ist nur dann gegeben, wenn Maßnahmen in anderen Politikbereichen wie Handels-, Wirtschafts-, Außen- oder Finanzpolitik die Bemühungen um nachhaltige Entwicklung und Beseitigung der Armut unterstützen und diesen nicht entgegenwirken. Eine Abstimmung aller Politikbereiche auf Entwicklungspolitik ist daher von größter Wichtigkeit, will man inkohärente Politik vermeiden.
(Beispiele für inkohärente Vorgehensweisen der EU)

 

Seit 1992 (Vertrag von Maastricht) ist die Verpflichtung zur entwicklungspolitischen Kohärenz fixer Bestandteil der Grundverträge der Europäischen Union. Intensiviert wurden diese Bestrebungen seitens der EU ab 2005:

  • Kommunikation der Europäischen Kommission (Apr 2005)

 

 

  • Europäischer Konsens über die Entwicklungspolitik (Dez 2005)

 

  • Schlussfolgerungen des Europäischen Rats (Apr 2006)

 

  • Schlussfolgerungen des Europäischen Rats (Okt 2006)

 

  • Arbeitsprogramm 2006-2007 zur Förderung der Politikkohärenz von Europäischer Kommission und EU-Mitgliedstaaten

 

Im September 2007 veröffentlichte die Europäische Kommission den ersten KOHÄRENZBERICHT („EU Report on Policy Coherence for Development„).

Der 168 Seiten starke Bericht stützt sich auf Daten und Beispiele, die einerseits von den Mitgliedstaaten und andererseits von der Kommission selbst zur Verfügung gestellt wurden. Ein entsprechender Fragebogen (Link zum Qestionnaire) der Kommission an die Mitgliedstaaten wurde im Frühjahr 2007 ausgesandt. Das Arbeitspapier „Commission Working Paper: EU-Report on PCD“ stellt die wichtigsten Ergebnisse der Befragung zusammenfassend dar.

Der PCD-Report, der künftig alle zwei Jahre herauskommen wird, zeigt die Herangehensweisen von EU und Mitgliedsländern im Bereich Kohärenz auf. Einerseits werden organisatorische Einrichtungen auf EU-Ebene, die die Bewusstseinsbildung sowie die Einführung von PCD-Mechanismen vorantreiben sollen, beschrieben. Der umfassendste Teil beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen zwischen Entwicklungspolitik und den zwölf Politikbereichen, die schon 2005 in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates als jene Bereiche festgelegt wurden, die sich in besonderem Maße auf die Länder des Südens auswirken (Handel, Umwelt, Klimawandel, Sicherheit, Landwirtschaft, Fischerei, soziale Dimension der Globalisierung, Beschäftigung und gerechte Arbeitsbedingungen, Migration, Forschung und Innovation, Transport, Energie, Informationsgesellschaft).

Im Rahmen des GAERC-Treffens, das am 19. und 20. November 2007, stattfand, beschäftigten sich die Außen-, Entwicklungs- und VerteidigungsministerInnen der EU unter anderem mit dem PCD-Report und verabschiedeten dazu auch Council Conclusions (Schlussfolgerungen): Der Rat betont darin die Notwendigkeit, die Maßnahmen, die im PCD-Report der Kommission festgelegt wurden, voranzutreiben und Synergien zwischen den zwölf im Report angeführten Politikbereichen und der Entwicklungspolitik herzustellen. Auch wird davon gesprochen, dass der Kommissionsreport bereits einen wichtigen Beitrag zur Bewusstseinbildung leiste. Weitere Maßnahmen wären jedoch zu ergreifen, um die Notwendigkeit von Kohärenz im Denken und Handeln der Verantwortlichen zu verankern, sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene. Künftige Ratspräsidentschaften sind angehalten, dem Thema Kohärenz besondere Bedeutung beizumessen. Der Rat fordert in seinen Conclusions außerdem einen verstärkten Dialog mit den Entwicklungsländern über die Wirkung von EU-Maßnahmen zu Kohärenz und über die Effizienz der Entwicklungszusammenarbeit. Dabei käme auch Non State Actors eine wichtige Rolle zu.

Die Reaktionen auf den PCD-Report innerhalb der Zivilgesellschaft sind verhalten optimistisch. Zwar wird die Herausgabe des PCD-Reportes grundsätzlich als wichtiger Schritt in die richtige Richtung gewertet, insgesamt werde der Fortschritt der EU und der Mitgliedsländer im Bereich Kohärenz im Bericht allerdings zu positiv bewertet, wie beispielsweise CONCORD und das **EU-Coherence-Programme zusammenfassend meinen. Besonders kritisiert werden die unklaren Formulierungen und Definitionen von Kohärenz sowie der teils fehlende Fokus auf die Armutsbekämpfung. Fakt ist, dass EU und Mitgliedsländer erst am Anfang einer Entwicklung stehen, wie NROs und EU gleichermaßen einräumen: Know-How, politischer Wille sowie zeitliche und personelle Ressourcen sind in diesem Bereich (noch) nicht stark ausgeprägt. Eine detaillierte Bewertung des PCD-Reports findet sich in den Comments to the European Commission’s 2007 EU-Report on PCD von CONCORD und EU-Coherence-Programme.

Bis zum 30. Jänner 2008 können Organisationen und die interessierte Öffentlichkeit im Rahmen einer Online Consultation (Website-Link der Consultation) Verbesserungsvorschläge und Anregungen zum PCD-Report abgeben.

Für die europäischen NGOs (darunter die Österreichische EU-Plattform) ist Kohärenz ein wichtiges Thema. So veranstaltete die EU-Plattform während der österreichischen EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 etwa eine internationale Kohärenz-Konferenz (mehr dazu). Seit Februar 2006 läuft außerdem das so genannte „EU Coherence Programme“.

 

**EU Coherence Programme
Ziel des Ende Februar 2006 gestarteten Projektes ist es, inkohärente Politiken, die der Armutsbeseitigung schaden, zu identifizieren, möglichst viele europäische EntscheidungsträgerInnen dafür zu sensibilisieren und adäquate Lösungen zu erarbeiten. Auch die Österreichische EU-Plattform engagiert sich in diesem Projekt. Erarbeitet wurde das „EU Coherence Programme“ von der Evert Vermeer Foundation und CONCORD, dem europäischen Dachverband entwicklungspolitischer NGOs.
Auf der Website dieses Projektes gibt es eine ausführliche Aufbereitung hilfreicher Hintergrundinformationen zum Thema Kohärenz und Fallbeispiele von Inkohärenz.