Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
(14.09.2012) Rund 100 Vertreter und Vertreterinnen entwicklungspolitischer und humanitärer Organisationen protestierten heute vor dem Parlament gegen Kürzungen der staatlichen Entwicklungshilfe.
Die Bundesregierung konsolidiert das Budget auf Kosten der ärmsten Menschen. Wir fordern als ersten Schritt einen sofortigen Kürzungsstopp. Weiters müssen die Mittel für Entwicklungshilfe und für den Auslandskatastrophenfonds erhöht werden, erklärt Ruth Picker, Geschäftsführerin des entwicklungspolitischen und humanitären Dachverbandes AG Globale Verantwortung.
Bislang war es der Bundesregierung offensichtlich wurscht, dass Österreich sich schleichend aus der Entwicklungspolitik verabschiedet und Menschen in Not im Stich lässt. Wir laden daher heute die Nationalratsabgeordneten ein, mit uns in Dialog zu treten und beim Budgetbeschluss im November für einen Kürzungsstopp zu stimmen, erklärt Picker. Die Einladungen an alle 183 Abgeordnete wurden heute von einer prominent besetzten Delegation mit Caritas-Präsident Franz Küberl und Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, an der Spitze an Nationalratspräsidentin Barbara Prammer übergeben.
Caritas-Präsident Franz Küberl betont: Mir und vielen anderen Menschen ist nicht egal, dass pro Tag Tausende Kinder an Hunger sterben. Deshalb sind wir hier. Die Bundesregierung fordert er einmal mehr auf, in Sachen Entwicklungshilfe für eine Schubumkehr zu sorgen: Es geht nicht an, dass die Regierung heuer und nächstes Jahr je sieben Millionen Euro bei den Ärmsten der Armen einspart und das Außenministerium gleichzeitig auf einem Reservepolster von 40 Millionen Euro sitzt, so der Caritas-Präsident. Mit einer Million Euro kann die Caritas 15.000 Menschen etwa in Äthiopien durch Getreidespeicher, Schulungen usw. langfristig das Überleben sichern. Küberl: Verknappt könnte man sagen: Jede Million Euro, die die Regierung streicht, verwehrt 15.000 Menschen eine Zukunft ohne Hunger.
Die Humanitäre Hilfe in Österreich ist organisatorisch und finanziell schlecht aufgestellt, sagt Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes. Wir brauchen eine zentrale Koordinationsstelle, ein schnelleres Verfahren und eine raschere Mittelvergabe. Denn wer rasch und koordiniert hilft, hilft im Katastrophenfall doppelt. In Österreich sind mehrere Behörden und Ministerien für Humanitäre Hilfe zuständig und entscheiden nach eigenem Ermessen darüber, wie viel Geld im Katastrophenfall gegeben wird. Humanitäre Hilfe rettet Menschenleben und darf nicht Spielball politischer Interessen sein, betont Kerschbaum. Darüber hinaus sei der Auslandskatastrophenfonds dramatisch unterdotiert. Wir fordern eine Aufstockung von derzeit fünf auf 20 Millionen Euro jährlich, so Kerschbaum abschließend.
Mit einem Beitrag von 0.27% des BNE insgesamt für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe zählt Österreich bereits jetzt zu den Schlusslichtern Europas. Der Anteil für bilaterale Hilfsprojekte macht gerade einmal 10% davon aus. Und hier wird weiter gespart, bis 2014 wird das Budget dafür um ein Drittel gekürzt. Die bilaterale Entwicklungshilfe schultert damit 2/3 der Einsparungen im Außenministerium, so Picker. Standen 2010 noch 85 Millionen Euro zur Verfügung, werden es 2014 nur noch 53 Millionen sein. Wir fordern daher die Erhöhung der bilateralen Entwicklungshilfe auf 200 Mio. Weiters muss das Budget für beide Bereiche bilaterale Entwicklungshilfe und auch Humanitäre Hilfe – gesetzlich verankert sein. Nur so kann Österreich in der Zukunft ein zuverlässiger Partner für Menschen in Not sein, betont Picker.
Am Nachmittag empfängt Bundespräsident Heinz Fischer eine weitere Abordnung der entwicklungspolitischen und humanitären Organisationen zum Gespräch.
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