Österreich wägt wirtschaftspolitische Interessen in der OEZA-Schwerpunktregion Schwarzmeerraum ab, England will „value for money“ und sieht darin die Begründung für mehr Involvierung der heimischen Wirtschaft, EU-Kommissar Piebalgs preist „inclusive growth“ ohne genaue Vorstellung von „inclusive“, dafür umso konkreteren Maßnahmen für „growth“ als Lösung für das Leid der Welt. Und bei all dem fragt man sich: ‚Gab’s das nicht schon mal?‘

CIDSE-Studie über EU-EZA in Lateinamerika

Die aktuelle CIDSE-Studie (et al.) fragt sich im Hinblick auf die künftige EU-EZA in Lateinamerika, auf die sie ein Auge wirft, noch mehr:
In Support of people or business?“ – und liefert auch gleich die
beunruhigende Antwort. Die Zukunft der europäischen EZA in
Lateinamerika soll u.a. laut Grünbuch insbesondere auf den Ausbau
der Handelsbeziehungen fokussieren. Dabei wird die „Latin American
Investment Facility“ (LAIF) eine relevante Größe darstellen. Was
wohl bedeuten wird, dass großangelegte Infrastrukturprojekte
gefördert werden, die vornehmlich dem Privatsektor zugute kommen.

Auch die als Rahmenbedinung für
„inclusive growth“ beschriebene „social cohesion“ (=
gesellschaftlicher Zusammenhalt) existiert nur als vages Konzept,
ohne jede konkrete Vorstellung von den Zusammenhängen zwischen
Armut, sozialer Kohäsion und Wirtschaft. Die Bandbreite an
Programmen, die unter dem Titel „social cohesion“ in
Lateinamerika umgesetzt werden, ist zudem so breit, dass nicht nur
jede seriöse Analyse über Wirkung und Sinnhaftigkeit verunmöglicht
wird. Der EU erwächst daraus auch Spielraum, der für die Umsetzung
jeglicher politischer Interessen – auch jener, die außerhalb der
EZA liegen –, genutzt werden kann.

Fokus auf Armutsbekämpfung?

Der Fokus auf Armutsbekämpfung kann da
schon mal verloren gehen, fürchten NRO. Ein Risiko, das auch eine
weitere Idee von Entwicklungskommissar Piebalgs mit sich bringen könnte: Die
geplante Kategorisierung der Länder, die dazu dient,
Armutsbekämpfung lediglich „where needed“ zu fokussieren,
während anderswo EU-Interessen als Motor für eine erneuerte
länderübergreifende Zusammenarbeit im Mittelpunkt stehen könnten –
freilich alles im Rahmen der offiziell anrechenbaren ODA. Das hätte
besonders für die lokale Bevölkerung in Lateinamerika unangenehme
Folgen.

Wer denkt, die universalen Ziele der
EZA, Armutsbekämpfung und Menschenrechte, seien damit vollends
passè, irrt. Die EU hebt sie im Grünbuch mehrmals hervor, … allerdings als wichtige
Faktoren für die Schaffung einer wachstumsfreundlichen Umgebung. Damit verabsäumt sie zu erkennen, dass die Fokussierung in die umgekehrte Richtung passieren muss, will man Entwicklung herbei führen.

Der Kreis schließt sich, die Frage bleibt bestehen: ‚Gab’s das nicht schon mal und hat es nicht auch schon damals nichts gebracht?‘ Die Antwort darauf ist heute klar zu beantworten: Selbst UN und Weltbank konnten nicht belegen, dass es einen Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und menschlicher Entwicklung (im Sinne des HDI – Human Development Index) gibt. Es sei denn freilich, man versteht die Förderung der heimischen Wirtschaft als ein Instrument für die Bekämpfung von Armut. Und nicht umgekehrt.