Am 24. und 25. September 2009 treffen sich die G20-Staaten* in Pittsburgh um über notwendige Neuerungen am Finanzmarkt zu verhandeln. Doch die 20 bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer, die 90 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts und 80 Prozent des Welthandels auf sich vereinigen, backen kleine Brötchen – eine ganzheitliche Reform steht nicht auf der Agenda. Im Gegenteil wird ein Feilschen um Kompromisse erwartet, da viele nationale Positionen einander entgegen laufen.

Während die europäischen Länder die Eingrenzung der Manager-Boni ganz oben auf der Prioritätenliste haben, wollen die USA vor allem über die grundsätzliche Begrenzung der Schuldenhebel, die den Banken ein unkontrollierbares Agieren mit exorbitanten Summen erlauben, diskutieren.

Globale Regeln unter internationaler Beteiligung

Falsch sind diese Ansätze nicht, auch wenn sie – wie von vielen ExpertInnen bestätigt – viel zu kurz greifen, um eine Wiederholung der Krise zu verhindern. Die Kritik der Zivilgesellschaft geht aber viel weiter: Global gültige Finanzsysteme und –regeln sollten auch global verhandelt werden. Die Länder des Südens, die über eine teilweise stark ausgeprägte Abhängigkeit vom Weltmarkt in besonderem Maße von den Konsequenzen der Beschlüsse betroffen sind, bleiben ausgeschlossen. Um die Inklusion aller Betroffenen zu gewährleisten, fordern NRO schon seit Langem eine Aufwertung der UNO und eine Verlagerung der Verhandlungen auf diese Ebene.

Die Einbeziehung der Interessen der Entwicklungsländer ist umso dringlicher, da die Situation vor Ort durch die Finanzkrise noch dramatischer geworden ist. Bis zu 100 Millionen Menschen mehr sollen aufgrund der Krise bis Ende nächsten Jahres von akuter Armut betroffen sein (lt. Weltbank). Dass die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise die Länder des Südens – und dort überproportional die arme Bevölkerung – betreffen, ist wohlbekannt. Eine Tatsache, die von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel erst kürzlich beim G-8-Gipfel in L’Aquila anerkannt wurde.

Internationale Verpflichtungen werden nicht eingehalten

Das Handeln bleibt aber weit hinter den Lippenbekenntnissen zurück. Angekündigte Hilfszahlungen, auch zum Ausgleich der katastrophalen Folgen des Klimawandels, der – mehrheitlich durch die Industrienationen verursacht – wiederum die Entwicklungsländer in vollem Ausmaß trifft, wurden nicht geleistet. Von den G20-Konjunkturpaketen erhalten die Länder des Südens nur einen minimalen Bruchteil zur Abfederung der Folgen der Finanzkrise und die ODA-Zahlen (siehe AidWatch Report 2009) liegen seit Jahren weit hinter den international abgestimmten und wiederholt bestätigten internationalen Verpflichtungen zurück. Ein Erreichen der MDG bis zum anvisierten Zeitpunkt ist kaum mehr möglich.

Alles in allem eine traurige Bilanz. Dabei gäbe es durchdachte Lösungen, um Entwicklung zu finanzieren. Die Einführung der Finanztransaktionssteuer ist eine davon, die zusehends auch unter den Industrienationen Zustimmung findet. Neben dem deutschen Minister Steinbrück macht sich auch Frankreichs Sarkozy und der Vorsitzende der britischen Finanzmarktaufsicht Adain Turner für die Steuer stark. Österreich hat vor kurzem eine zustimmende Position im Ministerrat beschlossen.

Wenn man sämtliche Finanztransaktionen mit nur 0,05 Prozent besteuern würde, ließen sich dadurch Gewinne in zweistelliger Milliardenhöhe erzielen. Die Finanztransaktionssteuer würde außerdem zur Stabilisierung der Finanzmärkte beitragen, weil kurzfristige Spekulationen auf kleinste Kursänderungen weniger attraktiv wären. (weitere Informationen finden Sie im von der AG Globale Verantwortung unterstützten Lobbyletter „International Financial Transaction Tax on the Pittsburgh Agenda“).

Auch der Kampf gegen Steueroasen und die Einführung von innovative Finanzierungsmöglichkeiten bieten eine Chance zur gerechteren Lastenverteilung. Eine Chance, die die VertreterInnen der G20 voraussichtlich wieder ungenützt lassen.

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* Argentina, Australia, Brazil, Canada, China, France, Germany, India, Indonesia, Italy, Japan, Mexico, Russia, Saudi Arabia, South Africa, South Korea, Turkey, United Kingdom, United States of America, EU