Auch wenn man mancherorts (wie z.B. Paragraph 12) Formulierungen von Better Aid zu erkennen meint, so täuscht das vorläufige ‚Busan Outcome Document‘ nicht darüber hinweg, dass es deutlich hinter den Erwartungen der Zivilgesellschaft zurückbleibt. Es handelt sich um einen ersten Entwurf, der im Rahmen der Working Party on Aid Effectiveness* im Verlauf der Vorbereitungen für das High Level Forum IV in Busan noch verändert werden kann und wird. Und auch am High Level Forum selbst bietet sich noch Gelegenheit für Veränderungen durch zivilgesellschaftliche AkteurInnen – für die AG Globale Verantwortung wird Geschäftsführerin Petra Navara mit dabei sein.

Einige der Mängel:

  • Nichts Konkretes: Es gibt keine konkreten Bekenntnisse oder Selbstverpflichtungen, weder quantitativer noch zeitlicher Natur.

  • Follow-up fehlt: Es finden sich keine Vorschläge, wie die Busan-Paragraphen implementier- und prüfbar gemacht werden sollen und welche Rolle die Prinzipien aus Pariser Erklärung und Accra Agenda for Action sowie die bisher erreichten Fortschritte spielen sollen.

  • Kein ‚evidence-based paper‘: Das Dokument bezieht die Erkenntnisse der umfassenden internationalen Evaluierung zur Umsetzung der Pariser Erklärung so gut wie nicht mit ein – dabei war stets die Rede davon, dass es sich um ein ‚evidence-based paper‘ handeln solle, dass ‚lessons learnt‘ aus der Vergangenheit zur Steigerung der Efffektivität in der Zukunft einsetzt.

  • Armutsbekämpfung nicht im Fokus: Es forciert ein neues „aid paradigm“ vor dem Hintergrund einer multiplen Gebergemeinschaft, diverser Finanzierungs- und Investitionsmöglichkeiten und schwächt dabei die kaum noch als Ziel der EZA kommunizierte Armutsbekämpfung. Auch NRO fordern einen Paradigmenwechsel, allerdings im Sinne eines starken Bekenntnisses zu Development Effectiveness** mit dem Ziel, langfristige und nachhaltige (positive) Wirkungen zu erzielen.

  • Geschwächte internationale Dimension: Wie schon die internationale Evaluierung betont das Busan Outcome Document die Notwendigkeit, „country-specific approaches“ an zu wenden – was im Idealfall eine kontextspezifische Anwendung sinnvoller Prinzipien bringt, im wahrscheinlicheren Fall aber bedeutet, dass es keine internationalen, übergreifenden Monitoring-Maßnahmen mehr geben wird.

  • Lieferbindungen bleiben: Es gibt keine Absage an Lieferbindungen, obwohl diese Forderung mehrmals von Seite der Partnerländer im Süden mit Nachdruck eingebracht wurde. Abgesehen von dem bedenklichen Signal an die Partnerländer, dass ihre Bedenken nicht ernst genommen werden, stehen Lieferbindungen, die die freie Wahl der Regierungen behindern, im direkten Gegensatz zum immer wieder betonten „country ownership“.

  • Hilfe hilft va. Wirtschaft: Hilfe wird vor allem als Mittel zur Mobilisierung weiterer Finanzierungsquellen verstanden – die vielen Referenzen bezüglich Privatsektor, Investitionen und Wachstum erinnern frappant an die derzeitige EU-Linie in Sachen EZA, u.a. sichtbar im Grünbuch. NRO weisen darauf hin, dass Finanzierungsfragen der EZA in den bereits existierenden Doha-Runden umfangreicher und demokratischer behandelt werden könnten.

  • (Un)demokratisches ‚ownership‘: Vage Bekenntnisse zu „inclusive ownership“ mit dem Hinweis, dass Zivilgesellschaften und Parlamente eine wichtige Rolle spielen. Aber: kein Bekenntnis, deren Partizipationsmöglichkeiten zu formalisieren bzw. zu fördern (bspw. durch Multistakeholder-Dialoge).

  • Gender abwesend: Gender-Referenzen fehlen bisher fast gänzlich – Bemühungen, diesen Missstand auf zu heben, werden zwar gerade umgesetzt, dennoch sind NRO skeptisch: Nachträglich ‚eingezwängtes‘ Gender Mainstreaming ist kein effektives Mittel, um den großen, politischen und strukturellen Herausforderungen im Bereich Geschlechterungerechtigkeit erfolgreich zu begegnen. Auch Menschenrechte und ökologische Nachhaltigkeit werden kaum erwähnt.

  • Kaum Raum für Zivilgesellschaft: Die Zivilgesellschaft, die eigentliche Zielgruppe der EZA, wird weitestgehend ignoriert. Auch für NRO scheint keine relevante Rolle als EZA-AkteurInnen vorgesehen zu sein – auch von der eingeforderten Unterstützung für die „Istanbul Principles“ und Maßnahmen im Bereich ‚enabling environment ist nichts zu lesen.

Die  Working Party on Aid Effectiveness hat sich bei einem Treffen Mitte Juli bestehender Kritik angenommen. Laut der Vorsitzenden besteht in einigen Punkten Konsens darüber, welche Veränderungen im Text vorgenommen werden könnten. So gibt es u.a. gute Verbesserungsvorschläge bezüglich der Nutzung der Ergebnisse der internationalen Evaluierung und in den Bereichen ‚ownership, results and accountability‘. Weniger einig ist man sich neben weiteren Feldern und nicht überraschend darüber, welche Rolle der Privatsektor spielen soll, ob und welche Standards im Bereich Transparenz und Division of Labour umgesetzt werden sollten, wie das künftige Monitoring aussehen wird und welche Institutionen relevante AkteurInnen sein werden. Was tatsächlich integriert werden wird, ist offen.

Das Abschlussdokument soll laut Mitgliedern der Working Party on Aid Effectiveness in eine bewusst politisch verfasste Sprache gebracht werden, um dem vermeintlich technokratischen Charakter der Wirksamkeitsdebatte entgegen zu wirken. Zielführender und glaubwürdiger wäre es freilich, die politische Dimension dieser Erklärung – die in der Nachfolge der Pariser Erklärung und Accra Agenda for Action steht – durch eine echte Re-politisierung der Debatte zu generieren. Die internationale Evaluierung spricht von fehlender politischer Unterstützung auf höchster Ebene als größtem Hindernis auf dem Weg zu wirksamerer EZA. Das wäre ein Anfang.

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* Working Party on Aid Effectiveness: Vorbereitungsgremium des OECD-High Level Forums in Busan, bestehend aus VertreterInnen der OECD, Geber- und Empfängerländer, internationaler Organisationen sowie NRO.

** Development Effectiveness: Bei Development Effectiveness handelt es sich um einen positiven Veränderungsprozess, der nachhaltigen Wandel im Leben der Betroffenen herbeiführt. siehe auch: Development Effectiveness