„Hunger ist kein Schicksal“, titelten schon Kampagnen in den 80er Jahren, „Hunger wird gemacht“.

Drei Beispiele
Klimapolitik: Jeder Euro, der präventiv in Klimawandelanpassung und Katastrophenvorsorge investiert wird, spart vier Euro für Katastrophenhilfe, sagen Klimaexperten. Nahrungsmittel produzieren zu können oder nicht – wie in der sich ausbreitenden Sahelzone – entscheidet über Leben und Tod. Trotzdem werden Ratifizierungen internationaler Abkommen verschleppt, Beschlüsse vereitelt und die effektive Eindämmung des Klimawandels auf die lange Bank geschoben.

Agrarpolitik: Europas Agrarpolitik berührt in vielen Punkten die Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern: hoch subventionierte Lebensmittelexporte ruinieren lokale Produzenten und Märkte, der Futtermittelanbau für unser Mastvieh nimmt große Flächen fruchtbaren Landes in armen Ländern in Anspruch und eine diskriminierende Handels- und Zollpolitik entziehen Entwicklungsländern jegliche Selbstbestimmung über die Ernährung ihrer Bevölkerung.

Entwicklungspolitik: Alle paar Jahre wird ein Bekenntnis zur Bekämpfung von Armut und Hunger abgegeben, doch es wird kaum in die Unterstützung kleinbäuerlicher Strukturen investiert, nicht in die Menschen, nicht in die Produktion von Lebensmitteln. Österreich reduziert jährlich seinen Anteil an direkter programmierbarer Hilfe an Entwicklungsländer. Und der Auslandskatastrophenfond fungiert als Portokassa für diplomatische Agenden.

Zugang zu angemessener Ernährung ist jedoch ein Menschenrecht. Es ist festgeschrieben in der UN-Resolution 217 A (III) sowie im Internationalen Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte. Im UN-Sozialausschuss 1999 wurden daraus Verpflichtungen für die Vertragsstaaten abgeleitet. Darunter befindet sich „die Pflicht, unter Mobilisierung aller Ressourcen in fortschreitender Weise den Zugang zu Nahrung für alle zu gewährleisten“.

Dieser Pflicht hat Österreich nachzukommen – immerhin sitzen wir im UN-Menschenrechtsrat! Sie beinhaltet zwei Komponenten:
1) Menschenrechte sind universell und unteilbar: alle Politikfelder müssen darauf abgestimmt werden, sie zu erfüllen.
2) Humanitäre Hilfe ist ein ethischer Imperativ: Österreich muss sich an der Linderung der akuten Not beteiligen.

Die Bevölkerung tut das mit großzügigen Spenden. Die Republik hat bisher lediglich 700.000 € eingebracht (170.000 € tragen Länder bei).
Von der „Mobilisierung aller Ressourcen“ weit entfernt. Von Pflichterfüllung auch. Von Humanität ganz zu schweigen.

erschienen als Gastkommentar von Petra Navara, Wiener Zeitung am 2. August 2011

Anmerkung: Kurz vor der Veröffentlichung des Kommentars hat das BMeiA den Beitrag auf insg. 1,5 Mio€ erhöht.