Im Fokus der Studie, die heute auf Einladung von Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka im Palais Epstein in Wien präsentiert wird, stehen das allgemeine politische Klima in Bezug auf die Zivilgesellschaft, Demokratie und Partizipation, Grundrechte und Finanzierung. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Situation der Zivilgesellschaft seit 2014 deutlich verändert hat:

Allgemeines Klima:

In Bezug auf das allgemeine Klima lässt sich eine deutliche Polarisierung des Diskurses feststellen, Versuche der gezielten Einschüchterung, sowie eine zunehmende Delegitimierung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten in Medien und von Seiten der Politik. Delegitimierung zivilgesellschaftlichen Handelns erfolgt durch Unterstellung von Profitinteressen, Abwertung der Arbeit, auch die Zunahme einer allgemein negativen, ausgrenzenden Rhetorik.

Demokratie und Partizipation:

In Bezug auf Demokratie und Partizipation zeigt sich, dass zivilgesellschaftliche Organisationen deutlich weniger in Gesetzgebungsverfahren einbezogen werden.Begutachtungsfristen werden verkürzt, Initiativanträge verhindern Stellungnahmen, etc. Die Politik ist intransparenter geworden und sie kommuniziert kaum noch mit AkteurInnen der Zivilgesellschaft.

Grundrechte:

Grundrechte sind in Österreich im internationalen Vergleich gut ausgeprägt. Allerdings wurde die Versammlungsfreiheit in den letzten Jahren eingeschränkt, vor allem durch die Ausweitung der Anzeigefrist für Versammlungen, die Einrichtung von so genannten Schutzbereichen. Indirekte Auswirkung auf die Ausübung von Grundrechten haben zunehmende Bürokratisierung und mangelnde Rechtssicherheit in der Praxis.

Finanzielle Ressourcen:

Betrachtet man die Gesamtausgaben, mit denen die öffentliche Hand – zumeist über Leistungsverträge – bestimmte Organisationen (mit)finanziert, dann hat sich nicht viel verändert. Eine detaillierte Betrachtung zeigt allerdings, dass es Veränderungen der Finanzierung gibt, die offensichtlich kritische und an Diversität orientierte zivilgesellschaftliche Organisationen betreffen. Vor allem in den Bereichen Migration, Kunst, Frauen-, Arbeitsmarkt- und Entwicklungspolitik haben diese Organisationen zum Teil existenzbedrohende Einschränkungen der öffentlichen Finanzierung erfahren.

Schlussfolgerungen:

Die Veränderungen ergeben in ihrer Gesamtheit ein klares Muster: Sie entsprechen den aus der Literatur bekannten Prozessen der Entwicklung autoritärer Regierungen. Österreich ist zwar eine grundsätzlich liberale Demokratie mit gut ausgeprägten Grundrechten, es gibt aber klar beobachtbare Tendenzen, das kritische Potenzial der Zivilgesellschaft sowie ihre Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen einzuschränken.

Politisch motivierte Finanzierungsentscheidungen hat es immer gegeben, ebenso unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf erwünschte Partizipation sowie inhaltliche Konflikte zwischen Politik und Zivilgesellschaft. Die Politik des systematischen Zurückdrängens von Widerspruch, Protest und Vielfalt durch unterschiedlichste, ineinandergreifende Maßnahmen, widerspricht allerdings der österreichischen Tradition. Sie ist Ausdruck einer zunehmend autoritären, rechtspopulistischen Politik.

Die Demokratie in Österreich ist zwar nicht in einer Krise, sie funktioniert grundsätzlich gut, ist aber in ihrer Qualität bedroht. Es gilt, sie zu schützen. Einen wichtigen Beitrag dafür leistet die Zivilgesellschaft mit ihren vielfältigen Funktionen, von Hilfe bis Kritik. Dafür braucht es auch die Bewahrung geeigneter Rahmenbedingungen.

CIVIL SOCIETY INDEX – UPDATE 2019

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