Das Besondere des SZVG-Entwurfs ist dabei, dass ImporteurInnen bzw. HändlerInnen nicht nur Sorgfaltspflichten auferlegt werden, sondern darüber hinaus ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden kann. D.h., dass ImporteurInnen nicht nur selbst darauf achten müssen, dass keine Verstöße in den Produktions- und Lieferketten gegen das Zwangs- und Kinderarbeitsverbot vorliegen sowie gegebenenfalls verpflichtet sind Maßnahmen dagegen zu setzen. Dieser  Unterlassungsanspruch kann auch eingeklagt werden und in Folge dessen das Inverkehrbringen sowie der Vertrieb der Artikel untersagt wird.

Das Gesetz würde also einerseits eine maßgebliche Verbesserung für den Schutz der KonsumentInnen bringen. Was aber noch viel bedeutender ist: es würde die Grundlage bilden, dass ArbeitnehmerInnen und ihre Vertretungen in Zukunft effektiver gegen Zwangs- und Kinderarbeitsverstöße vorgehen können.

Hinsichtlich der Wahrung der Menschenrechte droht sich die Situation benachteiligter Bevölkerungsschichten jedoch weltweit zu verschärfen. Vor allem vulnerable Bevölkerungsgruppen, wie Kinder, junge Frauen oder ärmere Menschen in Ländern des Globalen Südens sind von den Verstößen bzw. Menschenrechtsverletzungen, verursacht durch Transnationale Konzerne (TNK), betroffen. Fehlende Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und politischen AkteurInnen sowie mangelhafte staatliche Maßnahmen zum Schutz von Kinderrechten drohen betroffene Bevölkerungsgruppen zunehmend Spielbälle der TNK zu machen.

Durch die internationale Zusammenarbeit können Staaten wie Österreich dieser Entwicklung entgegenwirken. Es besteht daher ein dringender Handlungsbedarf, um Kinderrechte durch entsprechende Maßnahmen zu verwirklichen. Die Kinderrechtspetition der Dreikönigsaktion (DKA) verweist beispielsweise darauf, dass weltweit 73 Mio. Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten. Vor diesem Hintergrund sind PolitikerInnen zum Handeln aufgefordert: Es braucht dringend Gesetze sowie Maßnahmen zur Kontrolle von Herstellungsbedingungen, um ausbeuterische Kinderarbeit zu verhindern. Die gesetzlich verbindliche Verankerung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten muss zur politischen Priorität werden, um einen wirkungsvollen Beitrag gegen Menschenrechtsverletzungen zu leisten.

Kritiker des SZVG meinen indes, dass das europarechtliche Prinzip der Warenverkehrsfreiheit damit beschränkt und somit nicht mit Europarecht vereinbar ist. Eine Studie der Arbeiterkammer Wien kommt im Bezug darauf zum Schluss, dass eine solche kontrollierende Maßnahme jedoch rechtens ist, wenn es ein „legitimes Ziel“ gibt und diese Gesetzesmaßnahme ausschließlich für die Erreichung dieses Zieles dient. Im Fall des SZVG wäre dies die Wahrung des Verbraucherschutzes, welche laut Studienautor Univ.-Prof. (SFU) Dr. Konrad Lachmayer gegeben ist. Zudem können der Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, sowie der Schutz der Grundrechte der Menschen in den Produktions- und Lieferketten als legitimes Ziel in die Diskussion eingebracht werden. Handelsabkommen erlauben Firmen den Zugang zu neuen Märkten sowie Rohstoffen und sichern dabei die Interessen von Investoren rechtlich ab. Menschenrechte kommen dabei immer wieder zu kurz, was sich nicht zuletzt auf die nicht bindenden Rechtsnormen und freiwilligen Standards zurückzuführen lässt.

Vor diesem Hintergrund hat sich nach über einem Jahr seit dem ursprünglichen Initiativeintrag noch keine parlamentarische Mehrheit dafür gebildet. In der Nationalratssitzung des 13.06.2019 wurde dagegen gestimmt und das Gesetz tritt so weiterhin nicht in Kraft. Seit der Neukonstituierung des Nationalrats am 23.10.2019 könnten sich jedoch neue Möglichkeitsspielräume im Parlament aufgetan haben.

(lw,sa)

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