Michael Obrovsky von der ÖFSE (Österreichische Forschungsstiftung für internationale Entwicklung) bedauert die Fortschreibung des bereits bekannten Abwärtstrends. „Österreichs Beitrag muss man leider mit der Lupe suchen. International vereinbart sind 0.7% des BNE, bereits 2010 wollte man 0.51% erreichen. Fakt ist, dass die Regierung 2011 nur 0.27% des BNE zur Verfügung gestellt hat.“ Das entspricht in etwa der Leistung von 1985. Zieht man jene Leistungen, die nach Ansicht der entwicklungspolitischen NGOs nicht zur eigentlichen Entwicklungshilfe zählen ab, dann beläuft sich der österreichische staatliche Beitrag (ODA) sogar nur noch auf 0.21%. Zu dieser sogenannten ‚Inflated Aid‘ werden indirekte Studienplatzkosten, Kosten für AsylwerberInnen aus Entwicklungsländern und Entschuldungsleistungen gezählt.

 

Man könne natürlich die Finanz- und Wirtschaftskrise für diese Entwicklung verantwortlich machen, so Obrovsky weiter, allerdings gäbe es sehr wohl Länder in der EU, die ihre vereinbarten Quoten erfüllen oder sogar steigern. Luxemburg, Schweden, Dänemark, Holland, Großbritannien, Malta, Belgien, Finnland und Irland stellten beispielsweise 2011 mehr Mittel als 2010 zur Verfügung. Und auch unter den EU12 Ländern finden sich fünf Staaten, die ihre bisherigen Ausgaben für Entwicklungshilfe um mehr als ein Viertel steigerten: Malta um 44%, Litauen und Rumänien um jeweils 37%, Ungarn und Estland um 26%.

 

„Besonders schlimm steht es um den Anteil der direkt gestaltbaren Hilfe (Country Programmable Aid). Dieser entsprach 2010 überhaupt nur 9% der gesamten Österreichischen ODA. Unser Land liegt damit im europäischen Vergleich sogar an allerletzter Stelle,“ so Obrovsky.

 

Darunter fallen Projekte wie das von Anselm Wandega ist Leiter von ANPPCAN (African Network for the Prevention and Protection Against Child Abuse). Dieses große Hilfsprojekt setzt sich für die Kinderrechte in Uganda ein. Er ersucht die österreichische Regierung, auch künftig Gelder bereitzustellen. So wie in Uganda gibt es auch in anderen Ländern sehr viele Projekte der Zivilgesellschaft, die der Unterstützung durch die internationalen Geberländer bedürften. Mit Österreichs Hilfe gelingt es gerade in seinem Projekt, missbrauchten und durch Gewalt beeinträchtigten Kindern eine neue Perspektive zu geben. Anslem Wandega ist anlässlich einer internationalen Konferenz von HORIZONT3000 in Wien.

 

Hilde Wipfel von der KOO (Koordinationsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz): „Österreich leistet gute Arbeit, allerdings im ‚Minibereich‘. Dazu gibt es Evaluierungen, was getan wird, ist sehr positiv, aber es müsste viel mehr sein. Das Gute muss verstärkt werden, ausgeweitet werden. Aber leider macht die Regierung genau das Gegenteil. Während der Bedarf durch neue Hungerkatastrophen, Klimawandel und Wirtschaftskrisen steigt, kürzt Österreich gerade dort, wo Hilfe am dringendsten notwendig ist – im wahrsten Sinne des Wortes – um Not abzuwenden. Nämlich in der unmittelbaren bilateralen Zusammenarbeit mit Partnerländern. Gerade dieser Bereich, den man ohnehin schon mit der Lupe suchen muss, soll noch weiter gekürzt werden, demnächst werden wir ein Mikroskop brauchen.“ Darunter leidet die konkrete Unterstützung von Programmen für Gesundheit, Bildung, Einkommensschaffung und Ernährung.“

 

Ruth Picker, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, fordert von BM Spindelegger, angesichts von humanitären Krisen wie jener in Westafrika, auf die Kürzung von Geldern für konkrete Hilfsprojekte zu verzichten. „Vielmehr muss jetzt in nachhaltige Ernährungssicherheit investiert werden, um Menschen vor Hungerkatastrophen zu bewahren. Dieser Ansicht sind auch hochrangige Vertreter von Staat und Kirche – Bundespräsident Fischer und Kardinal Schönborn haben diesbezüglich ja bereits unisono an Spindelegger appelliert.“

 

„Die Regierung hält ja nach wie vor am 0.7% Ziel fest, also dem Anteil des BNE, der für Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellt werden soll. Wir laden BM Spindelegger und die Regierung ein, anhand des Budgets für bilaterale Entwicklungszusammenarbeit für das kommende Jahr und darüber hinaus unter Beweis zu stellen, dass Österreich ein verlässlicher Partner für Menschen in Not ist, die Hilfe brauchen“, so Picker abschließend.

Link zum Aid Watch Report