„Österreich betont in internationalen Partnerschaften regelmäßig die Bedeutung der Menschenrechte. Gleichzeitig verfolgt die Bundesregierung aber ressourcen-, agrar-, steuer-, handels- und klimapolitische Interessen, die eine nachhaltige, menschenrechtsbasierte Entwicklung in Ländern des Globalen Südens erschweren oder gar verhindern“, erläutert Lukas Wank, Geschäftsführer des entwicklungspolitischen und humanitären Dachverbands AG Globale Verantwortung, am internationalen Tag der Menschenrechte und warnt: „Doppelstandards untergraben Österreichs Glaubwürdigkeit.“

Mit sechs Jahren Verspätung überreichte die vorherige Bundesregierung im Mai 2024 dem UN-Ausschuss über die Wirtschaftlichen, Sozialen und Kulturellen Rechte (WSK-Rechte) erstmals einen Staatenbericht über die Gewährleistung der WSK-Rechte im In- und Ausland. Der Ausschuss wird Österreich im Februar 2026 erneut prüfen. Für diesen Termin haben die AG Globale Verantwortung und ihre Mitglieder Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, FIAN Österreich und Licht für die Welt den Vereinten Nationen heute einen zivilgesellschaftlichen Bericht vorgelegt.

Österreichischer Politik fehlt Entschlossenheit und Systematik, etwa bei Kinderrechten

Veronika Schippani-Stockinger, Bundesvorsitzende der Katholischen Jungschar Österreichs, vermisst in der österreichischen Politik die gebotene Entschlossenheit und Systematik. „Zwar bekennt sich die Regierung in internationalen Strategien wie dem Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik 2025 bis 2027 zu den Menschenrechten. Jedoch fehlen klare Finanzierungsziele, Indikatoren und Prüfmechanismen, um ihre Einhaltung zu gewährleisten. Wir fordern daher, dass Kinderrechte konsequent und systematisch in allen Politikfeldern und Rechtssetzungen berücksichtigt werden. Österreich trägt eine globale Verantwortung, gerade wenn staatliche Akteur*innen oder Unternehmen im Ausland die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen beeinflussen.“

Landwirtschaft und Ernährung: Importe verschärfen globale Ungleichheiten

Tragische Folgen habe eine inkohärente Politik auch für die weltweite Ernährung, verweist Lukas Schmidt, Geschäftsleiter von FIAN Österreich. „Das Recht auf Nahrung wird weltweit am häufigsten verletzt. Bis zu 720 Million Menschen hungern – auch weil Kleinbäuer*innen von Großkonzernen vertrieben werden und keine fairen Preise mehr erzielen. Dabei könnten sie rund 80% aller Nahrungsmittel nachhaltig produzieren. Im Sinne der UN-Erklärung über Rechte von Kleinbäuer*innen ist die Regierung gefordert, sich auf EU- und UN-Ebene für ihre Rechte einzusetzen und auch im Inland umzudenken.“

Ein Beispiel sei die überproportionale Fleischproduktion in Österreich, für die jährlich hunderttausende Tonnen Soja importiert würden: „Futtersoja aus vorwiegend lateinamerikanischen, oftmals illegal errichteten Plantagen zerstört Ökosysteme und verschärft Landkonflikte sowie Ungleichheiten. Zugleich ist Österreich von Gemüseimporten abhängig. Diese Politik ist weder nachhaltig noch menschenrechtskonform.“

Widersprüchliche Politik folgenschwer für vulnerable Gruppen im Globalen Süden

„Eine kurzsichtige und widersprüchliche Politik heizt die weltweiten Krisen also weiter an“, hält Alex Buchinger, Geschäftsführer von Licht für die Welt Österreich, fest. „Sie erhöht zudem die Notwendigkeit, weltweit mittels Entwicklungszusammenarbeit und Humanitärer Hilfe gegenzusteuern. Diese erprobten wie wirksamen Instrumente verhelfen benachteiligten Gruppen direkt zu ihren Rechten. Zum Beispiel Menschen mit Behinderungen, die 16% der Weltbevölkerung ausmachen und von denen 80% im Globalen Süden leben. Ihre Rechte – etwa auf Bildung, Gesundheitsversorgung oder Teilhabe – werden besonders häufig verletzt.“

Die massiven Kürzungen für bilaterales Engagement der aktuellen Regierung stünden daher im klaren Widerspruch zu Österreichs menschenrechtlichen Verpflichtungen, betont Buchinger. Im Vergleich zu 2024 sollen diese Gelder laut aktuellem Doppelbudget bis Ende 2026 um ein Drittel gekürzt werden.

Appell zum UN-Prüftermin: Regierung soll Menschen über widersprüchliche Interessen stellen

Mit Blick auf den UN-Prüftermin fordert Lukas Wank abschließend: „Eine Regierung, die ihre internationalen Zusagen zur Entwicklungsfinanzierung ernst nimmt und widersprüchliche Politiken zugunsten des Wohlergehens, der Würde und der Rechte aller Menschen aufgibt, leistet einen echten Beitrag zu einer friedlicheren, stabileren und gerechteren Welt.“


Download

(hh)