© pixabay.com / Florian Pircher (fill)

Die im März 2024 beschlossene, historisch bedeutsame EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) sollte sicherstellen, dass Unternehmen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette Verantwortung übernehmen: für Arbeitsbedingungen, Umwelt und Klima. Auf Drängen von Wirtschaftsvertreter*innen beschloss die neu konstituierte Europäische Kommission noch im selben Jahr, den Geltungsbereich der Richtlinie und weiterer Teile des European Green Deal im sogenannten Omnibus-I-Paket massiv einschränken zu wollen. Am 13. Oktober 2025 befürworterte der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments den Vorschlag der Kommission, einen Monat später stimmte auch die Mehrheit der Abgeordneten dafür. Damit verabschiedet sich die EU von ihrem eigenen Anspruch, Menschenrechte und Nachhaltigkeit als Kern wirtschaftlichen Handelns zu begreifen.

Die aktuellen Änderungen entkernen das Lieferkettengesetz in zentralen Punkten: 

  • Die CSDDD gilt künftig nur noch für die größten Konzerne mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro. Kleine und mittlere Unternehmen bleiben ausgenommen, obwohl sie Teil globaler Lieferketten sind. 
  • Die Richtlinie beinhaltet keine zivilrechtliche Haftung mehr. Diese hätte es Betroffenen erleichtert, ihr Recht einzufordern. 
  • Das Omnibus-I-Paket hat Verpflichtungen, Klimaschutz– und Transformationspläne umzusetzen, gestrichen. Ein fatales Signal angesichts der eskalierenden Erderhitzung. 
  • Die Sorgfaltspflichten sind so weit reduziert worden, dass zentrale Risiken in Hochrisikosektoren unbeachtet bleiben. 

In einer Zeit, in der Armut, soziale Ungleichheiten und die Auswirkungen der Klimakrise weltweit zunehmen, ist ein solcher Rückschritt nicht nur politisch kurzsichtig, sondern unverantwortlich. 

Gefährliches Signal der Einflussnahme

Besonders bedenklich ist, dass sich Abgeordnete augenscheinlich von fossilen und wirtschaftlichen Einzelinteressen leiten ließen. Wenn sich politische Entscheidungen zunehmend mit den Positionen großer Energiekonzerne decken, die kurzfristige Profite über langfristige Verantwortung stellen, steht die Glaubwürdigkeit der EU-Politik auf dem Spiel.

Mut statt Rückzug: Jetzt Verantwortung zeigen 

Zehn Jahre nach Verabschiedung der Agenda 2030 wird immer deutlicher: Eine nachhaltige Entwicklung kann nur gelingen, wenn Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen. Statt sich in Rückzugsgefechte zu verstricken, braucht es jetzt den Mut der EU-Politiker*innen zu klaren Entscheidungen, die von Gerechtigkeit, Menschenwürde und Zukunftsfähigkeit geleitet werden.


Link

European Coalition for Corporate Justice (30.10.2025): Joint Statement: Call for European Parliament to deliver a credible and ambitious approach on Omnibus I

(mb)