Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Analyse
Mit dem Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik 2025 bis 2027 liegt seit Juni ein neues entwicklungspolitisches Leitdokument vor. Es markiert eine Zäsur: War das Vorgängerprogramm stark von der COVID-19-Pandemie und dem Bekenntnis zu globaler Solidarität geprägt, enthält das aktuelle wichtige Akzente in Zeiten von Reformdruck, Geopolitik und knapper werdenden Mitteln.
Zwar ist ungewiss, wie das neue Programm angesichts der Budgetkürzungen in seiner Gänze umgesetzt werden soll, doch ist es inhaltlich in Teilen gut durchdacht. Ausschlaggebend war dafür der Erstellungsprozess, in den die Zivilgesellschaft und die Partnerländer erstmals stark eingebunden waren. Vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen wie autokratischer Tendenzen, Schulden- und Klimakrise stellt das Programm Armutsbekämpfung, Menschenrechte und Klimagerechtigkeit mit Verweisen auf das Pariser Klimaabkommen und die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) ins Zentrum. Es betont die Bedeutung des Humanitarian-Development-Peace-Nexus sowie von gender-transformativen und konfliktsensitiven Strategien. Zudem formuliert es konkrete Ziele, etwa in der Wasser- und Sanitärversorgung. Somit entspricht es auf den ersten Blick den Schwerpunkten der EU-Entwicklungspolitik.
Die programmatische Stoßrichtung hat sich jedoch verschoben, wie die sicherheits- und innenpolitische Rahmung des Programms zeigt. Migration erscheint primär als Risiko, Entwicklungszusammenarbeit als Mittel zur Stabilisierung. Lokalisierung, Rechtsbasiertheit oder der Anspruch auf eine gleichberechtigte Partnerschaft mit Akteur*innen in den Schwerpunktländern weichen teilweise österreichischen Eigeninteressen. Diese sind auch die Triebfeder des Team Europe und der Global Gateway Initiative der EU, auch wenn diese (noch) auf zivilgesellschaftliche Teilhabe und multilaterale Wirksamkeit setzen.
Das neue Dreijahresprogramm reduziert zivilgesellschaftliche Organisationen vorrangig auf die Rolle durchführender Akteur*innen und beschneidet dadurch deren Handlungsspielraum – ein klarer Rückschritt gegenüber dem Vorgänger. Dieser verstand NGOs als wesentliche Partner*innen zur Umsetzung der SDGs und betonte in einem eigenen Kapitel die zivilgesellschaftliche Mitgestaltung. Dass Begriffe wie Lokalisierung, Power Shifting oder zivilgesellschaftliches Ownership völlig fehlen, während der Anspruch an Wirkkraft und Effektivität der Arbeit von NGOs steigt, unterstreicht die entpolitisierte, technokratische Stoßrichtung des Programms.
Der österreichischen Politik fehlt somit ein zukunftsweisendes Narrativ für eine kohärente, gerechte und partnerschaftliche Entwicklungspolitik in einer zunehmend polarisierten Welt. Diese Lücke werden wir als Dachverband gemeinsam mit unseren Mitglieds- und Partnerorganisationen weiterhin gestalten und unsere Visionen mit der Politik teilen.
(lw/hh)
Diese Analyse erschien im September 2025 in unserem Dossier 2025 – Zusammenhalt und Zusammenarbeit.